Sternentstehungsausbrüche und explodierende Galaxien
Mittwoch, 6. Juli 2005
Prof. Dr. Peter L. Biermann, MPIfR
Galaxien kommen in zwei Varianten vor: Scheibengalaxien mit viel kaltem Gas und elliptische Galaxien mit viel heißem Gas. Neue Sterne entstehen in großer Zahl praktisch nur in den Scheibengalaxien, so wie in unserer Milchstraße. Fast alle Galaxien haben im Zentrum ein großes Schwarzes Loch, dessen Größe manchmal unserer Sonne gleichkommt, manchmal so ausgedehnt ist wie die Erdbahn oder auch in seltenen Fällen so groß wie das ganze Sonnensystem ist. Galaxien scheinen förmlich zu explodieren, wenn eine extrem hohe Sternentstehungsrate durch zahlreiche Supernovaexplosionen das interstellare Gas auseinander treibt. Dann kann eine Galaxie von der Seite gesehen wie ein Kreuz aussehen in Röntgenstrahlung, weil das senkrecht zur Scheibe fliegende Gas ebenso wie die Scheibe Röntgenstrahlung aussendet.
Unter den Sternexplosionen gibt es eine extreme Variante, die Gammablitze, bei denen der Stern bei der Explosion in zwei Richtungen zerlegt wird, wobei zwei unglaublich starke und schnelle Gasstrahlen auseinanderfliegen; die Emissionen aus diesen Gasstrahlen sind noch von der anderen Seite des Universums ganz hell zu sehen. Noch mehr Energie wird frei, wenn das zentrale Schwarze Loch in Galaxien gefüttert wird, wie bei einer Verschmelzung zweier Galaxien. Dann entsteht eine heiße, strudelartige Akkretionsscheibe, die man wiederum quer durch das gesamte Universum beobachten kann; dabei fliegt entlang der Rotations- und Symmetrieachse der inneren Scheibe ein Gasstrahl nach beiden Seiten, in dem das Gas mit nahezu Lichtgeschwindigkeit fliegt - das heißt, man kann diese Bewegung noch quer durch das Universum echt beobachten. Solche Gasstrahlen können im Extremfall bis 10 Millionen Lichtjahre weit fliegen, bevor sie zerspritzen.
Der extremste Fall könnte eintreten, wenn bei der Verschmelzung zweier Galaxien auch die beiden Schwarzen Löcher miteinander verschmelzen, denn dann kann sich die Rotationsachse des massereicheren Schwarzen Lochs ändern. Da aber die Richtung des Gasstrahls durch die Rotationsachse des Schwarzen Lochs bestimmt wird, bedeutet das, dass die Gasstrahlen ihre Richtung ändern, so dass für kurze Zeit so eine Galaxie plötzlich vier Gasstrahlen hat. Die Energien, die bei solchen Superexplosionen frei werden, können das Dreißigfache der gesamten Sonnenabstrahlung über ihr ganzes Leben erreichen und vielleicht übersteigen.
Biographische Angaben:
Prof. Dr. Peter L. Biermann hat in Göttingen promoviert und sich habilitiert, und ist seit 1981 Professor für Astrophysik und Astronomie an der Universität Bonn, neben seiner Tätigkeit am MPIfR. Er war Gastprofessor in Toronto, Kanada; Tucson, Arizona, USA; in Wuppertal und in Paris. Er hält neben seiner Vorlesungstätigkeit in Bonn auch Vortragsreihen im Ausland, darunter in den letzten Jahren in China, Korea, Indien, Bulgarien, Rumänien, Italien, und den USA. Entsprechend umfaßt seine Gruppe Studenten und w issenschaftliche Gäste aus vielen Ländern. Im März 2004 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Universität Bukarest verliehen.