Radioastronomie vor 40 Jahren – Der Weg zum 100m-Teleskop
Mittwoch, 5. Oktober 2011
Prof. Dr. Richard Wielebinski
Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Bonn
Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern begann die Radioastronomie in Deutschland spät. Ein Grund dafür waren die Einschränkungen der Entwicklung von Funkmesstechnik nach dem zweiten Weltkrieg durch die Allierten. Zunächst begannen kleine Observatorien an den Universitäten in Kiel und Tübingen mit radioastronomischen Beobachtungen. Auch in Berlin-Adlershof (Heinrich-Hertz-Institut, HHI) wurde 1946 mit der Radioastronomie begonnen. Von der Regierung Nordrhein-Westfalen unterstützt, entstand 1956 das 25-m-Radioteleskop auf dem Stockert. 1962 plädierte eine "Denkschrift zur Lage der Astronomie" für die Einrichtung eines großen Radioteleskops.
Der Bau der Berliner Mauer in 1961 führte dazu, dass Prof. Dr. Otto Hachenberg, der Direktor des HHI, nach Bonn wechselte. Hachenberg begann sofort mit der Planung eines Radioteleskops von 80 bis 90 m Durchmesser mit guter Oberflächengenauigkeit. Erfahrungen in Adlershof und am Stockert führten in Zusammenarbeit mit den Firmen Krupp und MAN zu einem Entwurf, der Geschichte machen sollte. Der Entwurf der Firma Krupp hat die Erwartungen der Radioastronomen übertroffen. Es sollte ein 100-m-Radioteleskop werden und sogar bei der kurzen Wellenlänge von 1 cm noch effizient arbeiten. Grund für diesen Wunsch der Astronomen nach kurzen Wellenlängen war die sprunghafte Entwicklung der Radio-Spektroskopie. Ein Gelände im tiefen Tal wurde bei Effelsberg, nahe Bad Münstereifel, gefunden. In dieser Tallage können wir Radio-Störungen vermeiden. Die Max-Planck-Gesellschaft hat mit der Gründung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie die Trägerschaft für Effelsberg übernommen. 1971 war es so weit, wir erlebten die Eröffnung des größten vollbeweglichen Radioteleskops der Welt. Das 100-m-Radioteleskop Effelsberg ist ein Wunderwerk der Technik, das 30 Jahre lang unerreicht blieb. Noch immer, nach 40 Jahren, dominiert das Effelsberger Radioteleskop viele Forschungsbereiche der Radioastronomie.
Biographische Angaben:
Prof. Dr. Richard Wielebinski wurde am 12. Februar 1936 in Pleszew, Polen, geboren und verbrachte seine Schulzeit von 1950 bis 1953 in Hobart/Tasmanien. Dort hat er von 1954 bis 1958 an der University of Tasmania Ingenieurwissenschaften studiert und mit dem Mastergrad abgeschlossen. Von 1959 bis 1960 hat er als Ingenieur bei der australischen Post gearbeitet und anschließend in Cambridge/England am Cavendish-Laboratorium promoviert. Von 1963 bis 1969 hat er, erst als Lecturer, dann als Senior Lecturer, an der Universität Sydney gearbeitet und wurde im Jahr 1969 als Direktor ans Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn berufen, bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2004. Richard Wielebinski ist emeritierter Direktor am MPIfR, dreifacher Ehrendoktor an polnischen und australischen Universitäten (Torun, Krakau und Tasmanien) sowie Gastprofessor bzw. korrespondierendes Mitglied der Chinesischen Akademie der Wissenschaften, der Academia de Sciencias de Granada und der James Cook University in Townsville/Australien.