LOFAR und SKA: Radioteleskope der neuen Generation
Mittwoch, 25. Oktober 2006
Prof. Dr. Anton Zensus, Dr. Rainer Beck
Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Bonn
Die nächste Generation von Radioteleskopen sammelt Radiowellen nicht mehr mit einem Metallspiegel, sondern mit einer großen Zahl von einfachen Dipolantennen, die fest auf dem Boden montiert sind. Die Erzeugung des Radiobildes übernimmt ein zentraler Computer. Im Prinzip kann ein solches Teleskop den gesamten Himmel gleichzeitig beobachten, sofern Datenspeicher und Rechenleistung ausreichend sind.
Das erste Radioteleskop dieser neuen Bauweise wird zur Zeit in den Niederlanden geplant, heisst LOFAR (LOw Frequency Array) und arbeitet bei Frequenzen zwischen 30 MHz und 240 MHz (entsprechend 10 m - 1,2 m Wellenlänge). Die erste Station aus 96 Dipol-Antennen steht seit Sommer 2006 in Westfriesland. Ende 2006 wird eine ähnliche Station neben dem 100-m-Radioteleskop Effelsberg aufgebaut, über eine schnelle Datenleitung mit Bonn verbunden. Folgen sollen 76 Stationen in den Niederlanden, 10 Stationen in Deutschland und weitere in anderen Ländern Europas.
LOFAR wird in einigen Jahren zum größten Teleskop der Welt und erlaubt den Vorstoß in den bisher unerforschten Bereich niedriger Frequenzen, ist also eine ideale Ergänzung für das Effelsberger Teleskop. Die Radioastronomen hoffen, mit LOFAR Signale von den ersten Gas-Strukturen im Kosmos aufzufangen. Diese sind durch die enorme Rotverschiebung nur bei langen Wellenlängen nachweisbar. Die Sonnenphysiker erhoffen sich neue Erkenntnisse über Strahlungsausbrüche der Sonne im Radiobereich.
LOFAR ist der Prototyp für ein noch größeres Radioteleskop, das Square Kilometre Array (SKA) mit einer Sammelfläche von einem Quadratkilometer und einer Ausdehnung von 3000 km, das ab 2012 unter wesentlicher Beteiligung europäischer Radioastronomen gebaut werden soll. Als Standorte kommen Westaustralien, Südafrika oder Südamerika in Frage. Das SKA soll im gesamten vom Erdboden aus zugänglichen Radiofrequenzbereich messen. Die enorme Empfindlichkeit wird es erlauben, mit dem SKA bis zu den allersten Milchstraßensystemen im noch jungen Universum vorzustoßen. Das SKA soll fundamentale Fragen der Physik beantworten: Was ist der Ursprung des kosmischen Magnetismus? Was ist die geheimnisvolle "Dunkle Energie"? Gilt die Allgemeine Relativitätstheorie auch in der Umgebung Schwarzer Löcher?
Biographische Angaben:
Prof. Dr. Anton Zensus hat Physik und Astronomie an den Universitäten Köln, Münster und Bonn studiert und 1984 an der Universität Münster promoviert. Von 1985 bis 1988 war er Forschungsstipendiat am California Institute of Technology (CalTech), von 1988 bis 1997 was er am National Radio Astronomical Observatory (NRAO) in Charlottesville/USA, erst als Forschungsstipendiat, später als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Im Jahr 1997 wurde er als wissenschaftliches Mitglied und Direktor ans MPI für Radioastronomie berufen und leitet dort die Forschungsgruppen für Radiointerferometrie/VLBI und Radiokontinuum. Er ist seit 2005 Honorarprofessor an der Universität zu Köln. Anton Zensus ist Vorsitzender des GLOW (German LOng Wavelength Konsortium) und des Europäischen SKA Konsortium (ESKAC), außerdem Mitglied im International SKA Steering Committee (ISSC).
Dr. Rainer Beck hat von 1969 bis 1975 an der Ruhr-Universität Bochum Physik und Astronomie studiert. Er hat 1979 in Bonn in Astronomie promoviert und ist seit 1980 Mitarbeiter am MPI für Radioastronomie in Bonn. Sein Hauptarbeitsgebiet sind Magnetfelder in Galaxien; seine Forschungsgebiete umfassen darüber hinaus auch Radiohalos von Galaxien und Kosmische Strahlung. Er hat eine Reihe von Tagungen zu diesem Thema organisiert, zuletzt The Origin and Evolution of Cosmic Magnetism in Bologna (September 2005), und ist Mitherausgeber des Fachbuchs Cosmic Magnetic Fields. Rainer Beck ist Mitherausgeber des German LOFAR White Paper (MPIfR 2005) und hat die erste deutsche LOFAR-Tagung im September 2005 in Köln organisiert. Er ist Sekretär des deutschen LOFAR-Konsortiums sowie des europäischen SKA-Konsortiums und Mitglied der International SKA Science Working Group. Er ist an der Planung beider Teleskope aktiv beteiligt.