Galaxienweg

In Ergänzung zu den beiden bereits vorhandenen astronomischen Wanderwegen am Radioteleskop, dem Planetenweg und dem Milchstraßenweg, rundet ein dritter Wanderweg, der Galaxienweg, die astronomische Größenskala nach oben hin ab, und zwar bis zum Rand des bekannten Universums. Der Galaxienweg umfasst 14 Stationen, die von unserer Milchstraße selbst über nahe Nachbargalaxien wie den Andromeda-Nebel (M31) bis zu fernen Objekten führt wie der Galaxie J1148+5251. Deren Strahlung ist nahezu 13 Milliarden Jahre unterwegs, ehe sie uns hier auf der Erde erreicht. Der Galaxienweg führt von einem Aussichtspunkt hinter dem 100-m-Radioteleskop (in östlicher Richtung) über einen recht steilen Aufstieg durch den Wald bis zu Martinshütte (Kirchsahr), die nach insgesamt 2,6 km erreicht wird.

Der Galaxienweg ist eine Kooperation zwischen Max-Planck-Institut für Radioastronomie und Freundeskreis Sahrbachtal. Er ist gekennzeichnet durch ein blaues Teleskopsymbol auf weißem Grund:

Hier ein Link mit Wanderinformationen zum Galaxienweg:

Galaxienweg im Sahrbachtal

Im folgenden einige Informationen, wie sie auch auf den Schautafeln des Galaxienwegs enthalten sind:

Der Galaxienweg vom Radioteleskop Effelsberg bis zur Martinshütte (Kirchsahr) zeigt die Entfernungen verschiedener Himmelskörper im Maßstab 1: 5 x 1022 (1 : 50 Trilliarden), das sind 5 Milliarden Lichtjahre pro Kilometer oder eine Million Lichtjahre auf 20 cm. In diesem Maßstab ist unsere Milchstraße, die Heimatgalaxie von Sonne und Erde, nur noch 50 cm von ihrem nächsten großen Nachbarn, der Andromeda-Galaxie M31, entfernt.

Über knapp 2,6 km (2570 m) sind es insgesamt 14 Informationstafeln, die eine Reise von der Erde bis zu Objekten am "Rand des Universums" ermöglichen, deren Strahlung uns über eine Laufzeit von mehr als 13 Milliarden Jahren erreicht.

1) Milchstraße

Unser Startpunkt, die Milchstraße, setzt sich zusammen aus weit über 100 Milliarden Sternen sowie größeren Mengen von Gas und Staub, die eine flache Spirale von gut 100000 Lichtjahren Durchmesser bilden. Von hier aus sind es noch 12,85 Milliarden Lichtjahre (im Maßstab: 2570 m) bis zum Zielpunkt am Rande des bekannten Universums. Bei normaler Gehgeschwindigkeit (3 km/h, aufgrund des Anstiegs auf dem Weg) sind wir eine knappe Stunde unterwegs und bewegen uns dabei im Maßstab mit 100 billionenfacher Lichtgeschwindigkeit!

2) Andromeda-Galaxie M31

Die Andromeda-Galaxie (M31) ist unser nächstes großes Nachbarsternsystem, eine Spiralgalaxie, die noch etwas größer und massereicher ist als die Milchstraße. Bei dunklem Nachthimmel weit weg von künstlichen Lichtquellen kann man sie sogar mit bloßem Auge sehen. Vom Start aus haben wir jetzt 2,5 Millionen Lichtjahre (50 cm) zurückgelegt; es bleiben noch 12,85 Milliarden Lichtjahre (2569,5 m) bis zum Ziel.

3) Starburst-Galaxie M82

Die Starburst-Galaxie M82 (NGC 3034) im Sternbild Großer Bär (Ursa Major) steht in Wechselwirkung mit ihrer großen Nachbargalaxie M81 und zeigt dadurch eine sehr heftige Sternentstehungsaktivität. Wir haben jetzt 12 Millionen Lichtjahre (2,40 m) zurückgelegt; noch haben wir 12,84 Milliarden Lichtjahre (2568 m) vor uns.

4) Aktive Galaxie M87

Die aktive Galaxie M87 (auch NGC 4486, oder Virgo A) ist die Zentralgalaxie des nächsten großen Galaxienhaufens, des Virgo-Clusters in Richtung des Sternbilds Jungfrau (Virgo). M87 ist eine elliptische Riesengalaxie, 10mal massereicher als unsere Milchstraße mit einem zentralen Schwarzen Loch von mehreren Milliarden Sonnenmassen. Vom Start aus haben wir jetzt 50 Millionen Lichtjahre (10 m) zurückgelegt; es bleiben noch 12,8 Milliarden Lichtjahre (2560 m) bis zum Ziel.

5) Aktive Galaxie NGC 1275

Die aktive Galaxie NGC 1275 (auch Perseus A oder 3C 84) ist das Zentralobjekt in einem weiteren Galaxienhaufen, dem Perseus-Cluster. Die Bezeichung kommt von der Lage am Himmel in Richtung des Sternbilds Perseus. Dieser Galaxienhaufen liegt bereits in größerer Entfernung von der Milchstraße. Vom Start aus haben wir jetzt 250 Millionen Lichtjahre (50 m) zurückgelegt; es bleiben noch 12,6 Milliarden Lichtjahre (2520 m) bis zum Ziel.

6) Cygnus A

Die Radiogalaxie Cygnus A (3C 405) ist eine der stärksten Radioquellen am Himmel. Sie liegt in Richtung des Sternbilds Schwan (Cygnus). Radiobilder mit hoher Auflösung zeigen eine Kernquelle, aus der Material in zwei energiereichen Materiestrahlen oder Jets herausgeschossen wird. Vom Start aus haben wir jetzt 750 Millionen Lichtjahre (150 m) zurückgelegt; es bleiben noch 12,1 Milliarden Lichtjahre (2420 m) bis zum Ziel.

7) Quasar 3C 273

3C 273 liegt im Sternbild Jungfrau (Virgo) und ist die hellste der sogenannten "quasistellaren Radioquellen" oder Quasare. Die scheinbare Helligkeit der 13. Größenklasse entspricht der des Zwergplaneten Pluto, aber hier haben wir ein ungleich weiter entferntes Objekt, das 300mal so hell strahlt wie die Milchstraße. Vom Start aus haben wir jetzt 2,2 Milliarden Lichtjahre (450 m) zurückgelegt; es bleiben noch 10,65 Milliarden Lichtjahre (2120 m) bis zum Ziel.

8) Quasar 3C 48

Auch 3C 48 in Richtung des Sternbilds Dreieck (Triangulum) gehört zu den Quasaren; es handelt sich hier sogar um die erste Quelle dieser Art, die im Jahr 1960 identifiziert werden konnte. Die Rotverschiebung der Spektrallinien beträgt hier 0,367; das entspricht einer Lichtlaufzeit von fast vier Milliarden Jahren. Vom Start aus haben wir jetzt 4,0 Milliarden Lichtjahre (800 m) zurückgelegt; es bleiben noch 8,85 Milliarden Lichtjahre (1770 m) bis zum Ziel.

9) Quasar 3C 295

3C 295, in Richtung des Sternbilds Bärenhüter (Bootes) ist ein Quasar, eine Radiogalaxie mit einer sehr leuchtkräftigen Kernquelle. Das Objekt wird am Radioteleskop Effelsberg häufig als Kalibrationsquelle vermessen, um Ausrichtung des Teleskops und Signalstärke des Empfängers zu überprüfen. Wir haben inzwischen 4,75 Milliarden Lichtjahre (950 m) erreicht und es sind noch 8,1 Milliarden Lichtjahre (1620 m) bis zum Ziel.

10) B0218+367

Für die Galaxie B0218+367 in Richtung des Sternbilds Dreieck (Triangulum) konnte nachgewiesen werden, dass eine irdische Naturkonstante, nämlich das Massenverhältnis von Proton und Elektron, auch im fernen Universum ihre Gültigkeit behält. Vom Start aus haben wir 6 Milliarden Lichtjahre (1200 m) zurückgelegt; es bleiben noch 6,85 Milliarden Lichtjahre (1370 m) bis zum Ziel.

11) Quasar 3C 286

Der Quasar 3C 286 steht in Richtung des Sternbilds Jagdhunde (Canes Venatici). Er stellt eine der wichtigsten Kalibrations- oder Eichquellen für die Messungen mit dem Radioteleskop Effelsberg dar. Wir haben jetzt 7,1 Milliarden Lichtjahre (1420 m) zurückgelegt; es bleiben noch 5,75 Milliarden Lichtjahre (1150 m) bis zum Ziel.

12) 0917+62

Die Radioquelle 0917+62 liegt in Richtung des Sternbilds Großer Bär (Ursa Major). Bei dieser Quelle, der Zentralquelle einer fernen Radiogalaxie, wurden sehr kurzzeitige Helligkeitsschwankungen (sogenannte "Intraday Variability" oder IDV) entdeckt und mit dem Radioteleskop Effelsberg untersucht. Vom Start aus haben wir jetzt 9,2 Milliarden Lichtjahre (1840 m) zurückgelegt; es bleiben noch 3,65 Milliarden Lichtjahre (730 m) bis zum Ziel.

13) MG J0414+0534

Bei der Galaxie MG J0414+0534 im Sternbild Stier (Taurus) konnte das Wassermolekül in einer Rekordentfernung von über 11 Milliarden Lichtjahren mit dem 100-m-Radioteleskop Effelsberg nachgewiesen werden. Vom Start aus haben wir jetzt 11,3 Milliarden Lichtjahre (2260 m) zurückgelegt; es bleiben noch 1,55 Milliarden Lichtjahre (310 m) bis zum Ziel.

14) J1148+5251

Mit der Galaxie J1148+5251 im Sternbild Großer Bär haben wir das Ziel unserer Wanderung erreicht. Die Strahlung ist fast 13 Milliarden Jahre zu uns unterwegs und es konnten noch Gas und Staub von dieser Galaxie nachgewiesen werden. Insgesamt haben wir 12,85 Milliarden Lichtjahre oder 2570 m zurückgelegt. In weiteren 850 Millionen Lichtjahren oder nur 170 m mehr würden wir zurück bis zum Urknall und damit zum Beginn unseres Universums gelangen.

Zusätzliche Informationen:


1) Rotverschiebung und Entfernung

Bei den großen Dimensionen, mit denen wir es bei den Objekten des Galaxienwegs zu tun haben, sind die Entfernungen ab einigen Hundert Millionen Lichtjahren (Perseus A) jeweils über die beobachteten Rotverschiebungen in den beobachteten Spektrallinien der Objekte bestimmt worden. Die erste Identifikation von Quasaren als extrem hochrotverschobene Objekte wurde für eine Station unseres Galaxienwegs (3C273) im Jahr 1963 bestätigt. Die Entfernungsangaben für die Objekte des Galaxienwegs sind fast ausschließlich über die beobachteten Rotverschiebungen ihrer Spektrallinien abgeschätzt worden. Für Galaxien mit sehr hohen Rotverschiebungen müssen relativistische Effekte und kosmologische Modelle berücksichtigt werden; aufgrund der komplexen Struktur des Universums existiert auch kein eindeutiges Entfernungsmaß mehr. Wir haben die beobachteten Rotverschiebungen der Objekte des Galaxienwegs unter Standardannahmen für die kosmologischen Modelle in "Lichtlaufzeitentfernungen" umgerechnet. Dazu gibt es eine Reihe von "Cosmology Calculators", im Internet. Dabei hat eine Galaxie, deren beobachtetes Signal vor 10 Milliarden Jahren ausgesandt wurde, eine Entfernung von 10 Milliarden Lichtjahren. Somit wird die (Beobachtungs-)Grenze des Universums durch dessen Alter definiert - mit immer höheren beobachteten Rotverschiebungen nähert man sich der Frühzeit des Universums und dem Zeitpunkt seiner Entstehung vor 13,8 Milliarden Jahren (dieser Wert stammt aus der Analyse der kosmischen Hintergrundstrahlung nach Beobachtungsresultaten mit dem europäischen PLANCK-Satelliten.
Methoden der Entfernungsbestimmung sind auch in folgendem Artikel von Klaas de Boer (AIfA, Universität Bonn) beschrieben: Entfernungsbestimmung im Universum.


2) Kalibrationsquellen für das 100-m-Radioteleskop

Unter den Objekten des Galaxienwegs gibt es eine Reihe von "Standard-Quellen", die als Kalibrations- oder Eichquellen für die Messungen mit dem 100-m-Radioteleskop Effelsberg Verwendung finden. Sie dienen dazu, die Messungen mit dem Radioteleskop in Bezug auf Positionsgenauigkeit ("Pointing"), auf die Verstärkung des jeweils eingesetzten Empfängers und auf die Lage des Empfängers im Brennpunkt ("Fokus-Messungen") zu kalibrieren. Dazu benötigt man kosmische Radioquellen mit folgenden Eigenschaften: 1) im Radiofrequenzbereich leuchtkräftig genug, um in kurzer Zeit vermessen zu werden; 2) genau bekannte Position am Himmel; 3) bekannte Leuchtkraft ("Radiofluss") in unterschiedlichen Wellenlängen. Hier erweisen sich gerade Quasare als geeignete Objekte, die alle diese Eigenschaften erfüllen. Die Eichung der Messungen mit dem 100-m-Teleskop erfolgt zu einem großen Teil mit Radioquellen am Himmel, die zwischen 2 Milliarden (3C 273) und 7 Milliarden Lichtjahren (3C 286) von uns entfernt sind!


3) Bezeichnungen und Kataloge

Einige der auf dem Galaxienweg vorgestellten astronomischen Objekte werden einfach durch ihre Himmelskoordinaten gekennzeichnet. Beispiele dafür sind: J1148+5251 (Rektaszension 11h 48m, Deklination +52o 51'), MG J0414+0534, B0218+367 und 0917+62. Die übrigen Namen basieren aus Eintragungen in einer Reihe von Katalogen:

Messier-Katalog (M): Berühmter Katalog von insgesamt 110 nichtstellaren Himmelsobjekten (Nebel, Sternhaufen und Galaxien), zusammengestellt von dem französischen Astronomen Charles Messier im 18. Jahrhundert (ursprünglich, um Fehlidentifikationen bei der Suche nach Kometen zu reduzieren).
Beispiele: M31, M82, M87.

New General Catalog (NGC): New General Catalog of Nebulae and Clusters. Ein Katalog von Nebeln, Sternhaufen und Galaxien am Himmel mit knapp 8000 Objekten.
Beispiele: NGC 224 (M31), NGC 1275, NGC 3034 (M82), NGC 4486 (M87).

Third Cambridge Catalog (3C): Dritter Cambridge-Katalog von Radioquellen, aus dem Jahr 1959. Viele der hellsten Radioquellen am Nordhimmel sind in diesem Katalog enthalten.
Beispiele: 3C 48, 3C 273, 3C 286, 3C 295, 3C 405.

Die stärksten Radioquellen am Himmel (Michael Hamm, 2006). Schülerpraktikumsprojekt mit der Beschreibung der stärksten Radioquellen in den jeweiligen Sternbildern ("Kosmische A-Klasse").
Beispiele: Andromeda A (M31), Ursa Major A (M82), Virgo A (M87), Cygnus A (3C 405), Perseus A (NGC 1275).


4) Sternbilder

Bereits in der Antike haben die Menschen in dern Sternen am Himmel mehr gesehen als einzelne Lichtpunkte. Der Jäger Orion, die Große Bärin (Ursa Major) mit dem markanten Teilbereich des Großen Wagens, Herkules oder die 12 Tierkreissternbilder von Widder (Aries) bis Fische (Pisces) - einige dieser Sternbilder am Himmel und die damit verbundenen mythologischen Geschichten gehen bis auf die Zeiten der Babylonier oder gar Sumerer zurück.
Erst in den 1920er Jahren wurden den Sternbildern feste Bereiche (Koordinaten) am Himmel zugeordnet; insgesamt erfolgte eine Aufteilung des Himmels in 88 größere und kleinere Sternbilder (Liste der Sternbilder). So ist es nur eine Frage der Himmelskoordinate, welchem Sternbild ein kosmisches Objekt zugeordnet werden kann. Unsere Nachbargalaxie M31 liegt z.B. im Bereich des SternbildsAndromeda (daher auch "Andromedanebel"), das fernste Objekt auf dem Galaxienweg, J1148+5251, hingegen im Bereich des Sternbilds "Großer Bär".
Hier eine Geschichte der Entstehung unserer Sternbilder in Kurzform (Maria Schmidt, Beobachtergruppe der Sternwarte des Deutschen Museums).

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