Das Radioteleskop Effelsberg wird 50 Jahre alt
Am 12. Mai 1971 erfolgte die Eröffnung des 100-m-Teleskops in einem feierlichen Akt mit offiziellen Gästen
Das 100m-Radioteleskop des Bonner Max-Planck-Instituts für Radioastronomie begeht im Jahr 2021 seinen 50. Geburtstag. Der Aufbau des Teleskops in einem Eifeltal ca. 40 km südwestlich von Bonn erfolgte in gut dreieinhalbjähriger Bauzeit von 1967 bis 1971. Am 12. Mai 1971 war Richtfest in Form einer feierlichen Eröffnung am Standort des Teleskops, nicht weit entfernt von den beiden Eifeldörfern Effelsberg und Lethert, inzwischen Ortsteile der Stadt Bad Münstereifel. Zur Eröffnung konnte eine Reihe von Gästen aus Forschung und Politik vor Ort begrüßt werden.
Ein gutes Jahr später, am 1. August 1972, wurde dann der volle Messbetrieb mit dem Radioteleskop Effelsberg aufgenommen. Während der folgenden fünf Jahrzehnte erfolgte eine stetige technische Aufrüstung des Radioteleskops, so dass es auch heute noch zu den leistungsfähigsten Teleskopen der Erde zählt. Das 100m-Teleskop ist nach wie vor ein zentraler Bestandteil der wissenschaftlichen Arbeit des Instituts.
Seit ihren Anfängen in den 1930er Jahren hat sich die Radioastronomie zu einer bedeutenden Methode für die Erforschung des Weltalls entwickelt, denn sie dringt in Tiefen des Universums ein, die dem sichtbaren Licht versperrt bleiben. So ist etwa die Entdeckung von neuen Himmelskörpern wie Quasaren und Pulsaren sowie weit entfernten Galaxien diesem Teilgebiet der Astronomie zuzuschreiben. Mindestens vier Physik-Nobelpreise gehen auf radioastronomische Erkenntnisse zurück. Zur Beobachtung von Radiowellen werden spezielle Teleskope eingesetzt. In Deutschland ist das 100m-Radioteleskop des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie (MPIfR) das mit Abstand größte seiner Art – es ist auch 50 Jahre nach seiner Fertigstellung das größte voll bewegliche Radioteleskop Europas und das zweitgrößte der Erde.
Als Rückschau auf bisher 50 Jahre erfolgreicher Forschungsarbeit mit dem 100-m-Radioteleskop Effelsberg wird in diesen Tagen ein neuer Wanderweg, der „Zeitreiseweg“, rund um das Teleskop eröffnet, der auf insgesamt 20 Stationen eine Reihe von besonderen Ereignissen aus diesen fünf Jahrzehnten beschreibt, von der Eröffnung des Radioteleskops im Jahr 1971 bis zum 50-Jahre-Jubiläum in diesem Jahr 2021.
Darunter finden sich sowohl wissenschaftliche als auch technische Wegmarken, von der erstmaligen Entdeckung der Moleküle Wasser und Ammoniak außerhalb der Grenzen unserer Milchstraße in den Jahren 1977/79 bis zu einem Weltrekord in Winkelauflösung von nur 11 Mikrobogensekunden (das entspricht dem Durchmesser einer 1-Cent-Münze auf dem Mond) durch Weltraum-VLBI unter Beteiligung des 100-m-Teleskops. Auch technische Wegmarken wie der Einbau eines neuen Subreflektors mit aktiver Oberfläche im Jahr 2006 oder die Inbetriebnahme eines zweiten Radioteleskops vor Ort, der Effelsberg-Station des europäischen LOFAR-Teleskopnetzwerks, sind darin enthalten.
Abb. 1 zeigt das 100-m-Radioteleskop kurz vor der Eröffnung im Jahr 1971. Auf diesem Bild ist sehr schön zu erkennen, dass die unteren Elemente der Tragekonstruktion nicht in Weiß, sondern eher dunkel erscheinen. Tatsächlich war dieser Teil des Teleskops zunächst für kurze Zeit in Blau angestrichen. Das daraus resultierende Temperaturverhalten führte allerdings sehr schnell zu einem Anstrich in weißer Farbe auch für diesen Teleskopteil, und dabei ist es dann auch geblieben. Nach wie vor sind Malerarbeiten ein regulärer Bestandteil der jährlichen Wartungsarbeiten am Teleskop. Die Maler kommen in jedem Sommer für ca. acht Wochen im Juli/August. Dann finden tagsüber Anstricharbeiten statt, während nachts das Teleskop auch in dieser Phase für ein astronomisches Messprogramm zur Verfügung steht.
In Abb.2 ist in der ersten Reihe links Prof. Reimar Lüst (Vorsitzender des Wissenschaftsrats) zu sehen, neben ihm Prof. Otto Hachenberg, den Gründungsdirektor des MPIfR. Der vierte von links ist Johannes Rau, der damalige Wissenschaftsminister von NRW, und rechts neben ihm der Bundesforschungsminister, Hans Leussink. Ganz rechts in dieser Reihe sitzt Prof. Richard Wielebinski, ein weiteres Mitglied der ersten Generation des Direktorenkollegiums am MPIfR. Der dritte Direktor am MPIfR, Prof. Peter G. Mezger, ist auf diesem Bild nicht zu sehen. Ein weiteres Foto vom 12. Mai 1971 zeigt den Kontrollraum des Radio-Observatoriums Effelsberg, mit MPIfR-Direktor Otto Hachenberg im Gespräch mit Bundesforschungsminister Hans Leussink (Abb. 3).
Auch heute noch gibt es am MPIfR ein Kollegium von drei Direktoren, die in ihren jeweiligen Forschungsabteilungen unterschiedliche Aspekte der Radioastronomie verfolgen.
Prof. Michael Kramer ist Leiter der Abteilung „Radioastronomische Fundamentalphysik“, die Fragen der fundamentalen Physik untersucht, von kosmischen Magnetfeldern bis zur Gravitation. Beobachtungen dazu mit dem Radioteleskop Effelsberg erfolgen zum Beispiel über größere Kollaborationen wie das "European Pulsar Timing Array" (EPTA) oder das "High Time Resolution Universe" (HTRU), an denen die Abteilung maßgeblich beteiligt ist.
Prof. J. Anton Zensus leitet die Forschungsabteilung „Radioastronomie/VLBI“, die das 100-m-Radioteleskop zum überwiegenden Teil nicht als Einzelinstrument nutzt, sondern im Verbund in unterschiedlichen kontinentalen und globalen Netzwerken von Radioteleskopen, um so Beobachtungen höchster Winkelauflösung zu ermöglichen. Dazu gehören zum Beispiel das "European VLBI-Network" (eVLBI), das "Global Millimeter-VLBI Array" (GMVA) oder das neue Projekt "M2FINDERS", für das Anton Zensus erst ganz aktuell einen der prestigereichen "Advanced Research Grants" des europäischen Forschungsrats (ERC) erhalten hat.
Prof. Karl M. Menten ist Leiter der Forschungsabteilung „Millimeter- und Submillimeter-Astronomie“ am MPIfR. Kollaborationen im Rahmen der Arbeit in dieser Abteilung, die das 100-m-Teleskop nutzen, sind z.B. "The Bar and Spiral Structure Legacy (BeSSeL) Survey" oder das „Megamaser-Cosmology-Projekt“.
Ein größerer Teil der Forschungsarbeit in der „Millimeter- und Submillimeter-Astronomie“ spielt sich allerdings bei höheren Radiofrequenzen im Millimeter- und Submillimeter-Wellenlängenbereich ab und nutzt Radioteleskope wie z.B. APEX in Chile und die fliegende Sternwarte SOFIA. In diesen Wellenlängenbereichen kommt das 100-m-Teleskop (Grenzfrequenz 96 GHz/3,1 mm Wellenlänge) dann nicht mehr zum Einsatz.
Aktuell dominieren im Messprogramm mit dem 100-m-Radioteleskop Effelsberg, wie üblich in dieser Zeit des Jahres, Messprogramme im internationalen Verbund (Very Long Baseline Interferometrie, VLBI), bei denen das 100-m-Radioteleskop mit anderen Radioteleskopen der Erde vernetzt wird, um so über Kontinente und Ozeane hinweg Messungen mit höchster Winkelauflösung durchführen zu können. Damit wird ein virtuelles Radioteleskop von bis zu Erdgröße simuliert. Das Radioteleskop Effelsberg ist wegen seiner großen Sammelfläche (es ist auch nach fünf Jahrzehneten Betrieb noch das zweitgrößte bewegliche Radiotelekop der Erde) nach wie vor ein begehrter Partner für diese Messungen.
In einer aktuellen Information des MPIfR wurde der Beitrag des Radioteleskops Effelsberg bei der Untersuchung des Zentralbereichs der Galaxie M87 (M87*) gewürdigt. Im Zentrum dieser Galaxie konnte erstmals ein Bild vom Schatten eines Schwarzen Lochs dargestellt werden (Multifrequenzbeobachtungen von M87*, vom 14. April 2021).
Ein weiterer Schwerpunkt des Beobachtungsprogramms liegt bei Pulsaren und schnellen Radiostrahlungsausbrüchen (Fast Radio Bursts, FRBs), also Beobachtungen mit sehr hoher Zeitauflösung im Bereich von Mikrosekunden. Welche Bedeutung dem 100-m-Teleskop in dieser Art von Messungen zukommt, wurde in einer weiteren Presseinformation von letzter Woche beschrieben ("Auf der Jagd nach einem berühmten Radiostrahlungsausbruch", vom 19. April 2021).
„Auch nach 50 Jahren ist das Teleskop ein astronomisches Instrument der Spitzenklasse. In den vergangenen Jahrzehnten wurden - abgesehen von der Grundstruktur - nahezu alle Komponenten beständig erneuert und verbessert. Nach wie vor ist die Nachfrage nach Messzeit hoch und es kommen Beobachtungsanträge von Wissenschaftlern aus aller Welt“, sagt Dr. Alex Kraus, der Leiter des Radioobservatoriums Effelsberg.
„Effelsberg hat in der Vergangenheit wiederholt seine Vielseitigkeit gezeigt. Die Möglichkeit, immer wieder neue, speziell entwickelte Spitzentechnologie für die Empfangssysteme einzusetzen, wird unser Teleskop noch auf absehbarer Zukunft an der Weltspitze halten”, schließt Prof. Michael Kramer, als Direktor am MPIfR verantwortlich für das Radioobservatorium mit dem 100-m-Teleskop.
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Weitere Informationen
Das Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn/Deutschland erforscht das Universum in Radio- und Infrarot-Wellenlängen. Es beherbergt drei Forschungsabteilungen zu den Themen "Fundamentalphysik in der Radioastronomie", "Millimeter- und Submillimeter-Astronomie" und "Radioastronomie/VLBI", außerdem eine Reihe von Forschungsgruppen und technischen Fachabteilungen.
Im Radio-Observatorium Effelsberg betreibt das Institut zwei Radioteleskope, das 100m-Teleskop und die Station Effelsberg des internationalen Niederfrequenz-Teleskop-Netzwerks LOFAR. Ein weiteres Teleskop des Instituts ist APEX, das Atacama Pathfinder Experiment. APEX ist ein 12m-Teleskop für den Submillimeterbereich, das in 5100 m Höhe in Chile in Kooperation mit der europäischen Südsternwarte ESO und dem schwedischen Onsala-Observatorium OSO betrieben wird.
Mit einem Durchmesser von 100 Metern ist das Radioteleskop Effelsberg eines der größten voll beweglichen Radioteleskope der Erde. Mit dem Teleskop werden Pulsare, kalte Gas- und Staubnebel, die Orte der Sternentstehung, Materiejets von Schwarzen Löchern und die Kerne entfernter Galaxien sowie Radioemission und Magnetfelder in unserer Milchstraße und nahen Galaxien beobachtet. Das Effelsberger Teleskop ist ein wichtiger Teil des weltweiten Netzwerks von Radioteleskopen. Die Kombination verschiedener Teleskope im interferometrischen Betrieb ermöglicht es, die schärfsten Bilder des Universums zu erhalten.