Auf der Jagd nach einem berühmten Radiostrahlungsausbruch
FRB20180916B lässt sich nur schwer eingrenzen
Bei diesen Untersuchungen kam das 100-m-Radioteleskop Effelsberg in doppelter Hinsicht zum Einsatz, zum einen im Rahmen des EVN-VLBI-Netzwerks und zum anderen als hochempfindliche Pulsarmaschine. Auch die LOFAR-Station Effelsberg war im Rahmen des europäischen LOFAR-Teleskopnetzwerks beteiligt. Die Ergebnisse wurden soeben in den Fachzeitschriften „Nature Astronomy“ und „The Astrophysical Journal Letters“ veröffentlicht.
Im Jahr 2007 wurde der erste schnelle Radiostrahlungsausbruch („Fast Radio Burst“, FRB) entdeckt. Doch was genau diese Ausbrüche verursacht, ist nach wie vor nicht klar. Seit 2020 vermuten Wissenschaftler einen Zusammenhang mit stark magnetischen Neutronensternen, sogenannten Magnetaren. Einer der bekanntesten schnellen Radiostrahlungsausbrüche ist FRB20180916B. Dieser FRB wurde im Jahr 2018 entdeckt, aber erst im vergangenen Jahr konnte er dank hochaufgelöster Beobachtungen mit dem Europäischen VLBI-Netzwerk (EVN) einer Spiralgalaxie zugeordnet werden. Diese Galaxie ist der Milchstraße ähnlich und befindet sich "nur" 500 Millionen Lichtjahre von uns entfernt. Der FRB ist der bisher nächstgelegene und hat ein Muster für die Strahlungsausbrüche, das sich alle 16 Tage wiederholt: 4 Tage mit Bursts, 12 Tage mit relativer Ruhe. Diese Vorhersagbarkeit macht ihn zu einem idealen Objekt für die Forschung.
Bisher höchste Auflösung
Ein Forscherteam unter der Leitung von Kenzie Nimmo (ASTRON und Universität Amsterdam) nutzte diese früheren Beobachtungen mit dem europäischen VLBI-Netzwerk von Radioteleskopen, um die Ausbrüche mit der höchstmöglichen Zeitauflösung zu untersuchen. Zu den beteiligten Teleskopen gehören eines der 12 Westerbork-Teleskope von ASTRON in Drenthe und das 100-Meter-Radioteleskop Effelsberg. Dabei erfassten die Wissenschaftler die so genannte polarisierte Mikrostruktur der Ausbrüche so detailliert wie nie zuvor. Sie konnten sehen, dass das Ausbruchsmuster von FRB20180916B von Mikrosekunde zu Mikrosekunde variierte. Die logischste Erklärung für diese Variation scheint eine "tanzende" Magnetosphäre zu sein, die einen Neutronenstern umhüllt.
Wenn die Teleskope des Europäischen VLBI-Netzwerks EVN den Himmel beobachten, senden sie die Daten an das Joint Institute for VLBI ERIC (JIVE) in den Niederlanden, wo sie miteinander kombiniert bzw. korreliert werden. "Die Schlüsselsoftware in diesem Prozess ist der EVN Software Correlator (SFXC). Verschiedene Verbesserungen, die im Laufe der Jahre an dieser Software vorgenommen wurden, haben es den Astronomen ermöglicht, die Bursts mit einer Zeitauflösung zu betrachten, die vorher nicht erreicht werden konnte", erklärt Aard Keimpema vom JIVE-Institut, Mitautor dieser Forschung.
Bisher niedrigste Frequenz für Radiostrahlungsausbrüche
Parallel dazu untersuchte ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Ziggy Pleunis (ein Absolvent der Universität Amsterdam, jetzt an der McGill-Universität in Montreal, Kanada) den FRB mit dem europäischen Netzwerk von LOFAR-Radioteleskopen bei den niedrigen Frequenzen, in denen dieses Teleskop arbeitet (110 bis 188 MHz). Sie fingen 18 Bursts von FRB20180916B ein, was den Niederfrequenzrekord für Radiostrahlungsausbrüche verbessert. Die Forscher vermuten, dass der Burst Strahlung bei noch niedrigeren Radiofrequenzen aussendet und werden in naher Zukunft danach suchen.
Neben den Rekorden liefern die Beobachtungen aber auch neue Erkenntnisse. Die schwache Radiostrahlung war recht "sauber" und kam später an als die Bursts bei höheren Radiofrequenzen. Dazu Mitautor Jason Hessels (ASTRON und Universität Amsterdam): "Zu verschiedenen Zeiten sehen wir Radiobursts mit unterschiedlichen Radiofrequenzen. Möglicherweise ist der FRB Teil eines Doppelsterns. Wenn das zutrifft, hätten wir zu verschiedenen Zeiten einen unterschiedlichen Blick darauf, wo diese enorm starken Bursts erzeugt werden."
Ramesh Karuppusamy vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn, Mitautor in beiden Publikationen, fasst zusammen: "Diese Forschungsarbeit unterstreicht die Rolle, die unser Effelsberger Radioteleskop mit seinem großen Durchmesser bei solchen Experimenten spielt – erstens als hochempfindliches Einzelteleskop mit Pulsar-Empfangssystem und zweitens als entscheidende Komponente im Rahmen des europäischen VLBI-Netzwerks."