Die Antenne im Tal

Der Bau des 100-Meter-Radioteleskops vor vier Jahrzehnten zeugt von hoher Ingenieurskunst

3. Mai 2011

Das Effelsberger 100-Meter-Teleskop hat zwei Generationen von Radioastronomen gedient und zu Tausenden von wissenschaftlichen Veröffentlichungen geführt. Im Mai 1971 offiziell in Betrieb genommen, zählt es noch heute dank sorgfältiger Wartung und ständiger Verbesserungen zu den astronomischen Präzisionsinstrumenten erster Güte. Die Historie des Teleskops ist ein spannendes Stück Technikgeschichte.

Im Jahr 1962 unterbreitete die Denkschrift zur Lage der Astronomie den Vorschlag, ein Großinstrument für Radioastronomie zu errichten. Darauf begann Otto Hachenberg, Leiter des Instituts für Radioastronomie an der Universität Bonn, mit der Planung eines 80-Meter-Teleskops. Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen finanzierte Planung und Vorarbeiten. Die Firma Krupp legte einen Entwurf vor, der statt einer steifen Stahlkonstruktion eine flexible Lösung vorsah, sodass die parabolische Form des Reflektors beim Kippen erhalten blieb. Damit ergab sich die Möglichkeit, den Antennendurchmesser auf 90 Meter zu erhöhen. Im Jahr 1964 stellte Hachenberg gemeinsam mit seinen Kollegen Friedrich Becker und Wolfgang Priester einen Antrag an die VolkswagenStiftung, um Finanzmittel für den Bau dieses Großinstruments zu bekommen.

Etwa zur selben Zeit ging bei der Stiftung noch ein zweiter Antrag ein: Sebastian von Hoerner aus Tübingen plante einen 160-Meter-Spiegel. Zunächst wurden beide Projekte als förderungswürdig erkannt. Im Hinblick auf den hohen Aufwand für den Betrieb derartiger Instrumente musste jedoch ein geeigneter Träger gefunden werden. Die Max-Planck-Gesellschaft erklärte sich bereit, ein entsprechendes Institut zu schaffen. Dank der bereits geleisteten Vorarbeit und der Unterstützung durch das Land Nordrhein-Westfalen kam es zur Gründung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn. Otto Hachenberg wurde zum Direktor berufen.

Weil die Pläne für das Tübinger Projekt aufgegeben wurden, standen für das Bonner Projekt höhere Finanzmittel bereit. Berechnungen hatten gezeigt, dass sich auch für einen 100-Meter-Reflektor eine ausreichend genaue Oberfläche erreichen ließ – und so wurde dessen Bau beschlossen.

Mit der Suche nach einem geeigneten Aufstellungsort begann man 1966. Es war klar, dass nur ein Tal in Frage kam, das Abschirmung gegen Störstrahlung bot. Die Wahl fiel schließlich auf ein nord-südliches Tal in der Nähe von Bad Münstereifel bei dem Dorf Effelsberg. Das 15,4 Hektar große Gelände lag größtenteils gerade noch innerhalb der Landesgrenzen von Nordrhein-Westfalen.

Bei den Konstruktionsarbeiten mussten die Techniker völlig neue Wege beschreiten. Es ging um die Abkehr von der klassischen Reflektorbauweise , wie sie zu der Zeit beim Mark-I-Teleskop in Jodrell Bank/England und beim Parkes-Teleskop in Australien verwirklicht waren. Der 100-Meter-Spiegel sollte schließlich eine Oberflächengenauigkeit von einem Millimeter bekommen. Bei der Firma Krupp war eine Arbeitsgruppe zielgerecht zu einer endgültigen radialsymmetrischen Struktur für den Reflektor gelangt. Ein gesonderter Kipprahmen sollte axial den Reflektor halten. Dieser Entwurf ermöglichte besonders einfache Berechnungen der elastischen Verformung beim Kippen.

Der Kipprahmen bildete zusammen mit den Fokusstützbeinen einen Oktaeder, der durch eine Kreuzstruktur im Innern stabilisiert wurde. Außerdem enthielt diese Konstruktion auch das Gegengewicht zum Reflektor, der wie ein Regenschirm vom Kipprahmen axial gehalten werden sollte. Für die Kippbewegung wurden schwimmende Antriebe (floating wheel) über einen Zahnkranz an einem Arm des Oktaeders gewählt. Für den Azimutantrieb wurden am Grundrahmen vier Fahrwerke mit 16 Motoren und 32 Rädern vorgesehen, mit einer Belastung von ungefähr 100 Tonnen pro Rad. Ein Betonring sollte die Azimut-Laufschiene von 64 Meter Durchmesser tragen. Im Fundament entstanden Räume für die Stromversorgung sowie Werkstätten.

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