Die Antenne im Tal

Der Bau des 100-Meter-Radioteleskops vor vier Jahrzehnten zeugt von hoher Ingenieurskunst

3. Mai 2011

Das Effelsberger 100-Meter-Teleskop hat zwei Generationen von Radioastronomen gedient und zu Tausenden von wissenschaftlichen Veröffentlichungen geführt. Im Mai 1971 offiziell in Betrieb genommen, zählt es noch heute dank sorgfältiger Wartung und ständiger Verbesserungen zu den astronomischen Präzisionsinstrumenten erster Güte. Die Historie des Teleskops ist ein spannendes Stück Technikgeschichte.

Der Baubeginn für den Stahlbau erforderte die Errichtung eines 130 Meter hohen Krans. Die Montagearbeiten und Fertigungsarbeiten auf dem Gelände gehörten zum Verantwortungsbereich der Firma MAN. Eine Maschine in einer Hütte am Rand des Montagefelds diente dazu, die komplizierten Zuschnitte der Rohre für den Reflektor herzustellen. Schrittweise wurden sie zur Reflektorstruktur verschweißt, bis schließlich sektorförmige Baugruppen entstanden. Größere Konstruktionselemente mit rechteckigem Querschnitt, so etwa die Bockkonstruktion des Teleskops, wurden in den Werkstätten der Firma Krupp in Rheinhausen aus Stahlblech gefertigt und nach Effelsberg transportiert.

Die Schweißarbeiten für den Reflektor auf dem Gelände erforderten eine hohe Präzision. Speziell die Winkelgenauigkeit, mit der die Rohre zusammengefügt und verschweißt wurden, war sehr kritisch. Schließlich stapelten sich die Reflektorsektoren auf dem Montagefeld, teilweise wurden sie bereits am Boden mit Reflektorpaneelen belegt. Beim Zusammenfügen wurden die Sektorbaugruppen abwechselnd auf gegenüberliegenden Seiten montiert. Dazu mussten bereits im Frühstadium der Teleskopmontage Fahrbewegungen im Azimut ermöglicht werden.

Im Jahr 1970 installierten die Techniker den letzten Sektor des Reflektors. Eine Lücke von nur fünf Millimetern zeigte, mit welcher bemerkenswerten Genauigkeit die Stahlkonstruktion gebaut worden war. Nun konnten die restlichen Paneele montiert werden. Zum Schluss wurde die Reflektorfläche mit dem Theodolit eingemessen.

Die Wissenschaftler und Techniker hatten für das Teleskop eine vollständige Computersteuerung vorgesehen. Dabei sollte sich die Antenne mit einer Genauigkeit von besser als zehn Bogensekunden ausrichten lassen. Das Antriebssystem stammte von der Firma AEG, die Encoder für die Teleskopachsen von der Firma Heidenhain. Als Prozessrechner wurde ein ARGUS 500-System der Firma Ferranti gewählt. Die astronomischen Steuerprogramme entwickelte das Institut, ebenso die Empfänger.

Am 23. April 1971 registrierte das neue Radioteleskop die ersten Signale bei einer Wellenlänge von elf Zentimetern, wobei nur ein einfacher Dipol im Primärfokus zum Einsatz kam. Während der offiziellen Eröffnung am 12. Mai 1971 war die Antenne dann voll im Betrieb, und zwar mit Messungen des Radiokontinuums bei 73 Zentimeter Wellenlänge. Während der Einweihung liefen Beobachtungen bei 408 Megahertz; sie führten am Ende zu einer berühmten Durchmusterung des gesamten Radiohimmels.

Das Effelsberger 100-Meter-Teleskop hat zwei Generationen von Radioastronomen gedient und führte zu tausenden von wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Die sorgfältige Wartung des Instruments durch die technischen Arbeitsgruppen hat seinen durchgehenden Betrieb gesichert. Im Lauf der vergangenen 40 Jahre nahmen die Forscher und Ingenieure außerdem ständig Verbesserungen vor – insbesondere hinsichtlich der Oberflächengenauigkeit des Reflektors. Im Jahr 2006 schließlich wurde der Subreflektor ausgewechselt. Der neue Reflektor erlaubt mit aktiv verstellbarer Oberfläche weitere Verbesserungen für Beobachtungen vom Sekundärfokus aus.

Lang ist die Reihe der Empfänger, die sowohl für den Primärfokus als auch für den Sekundärfokus entwickelt wurden, um alle in Betracht kommenden Frequenzbänder im Zentimeter-Wellenbereich zu erfassen. Das Effelsberg-Teleskop wurde sogar noch bei 86 Gigahertz (drei Millimeter Wellenlänge) mit Erfolg eingesetzt. Trotz seines Alters zählt es noch heute zu den erstklassigen astronomischen Präzisionsinstrumenten.

Autoren: Richard Wielebinski / Bernd H. Grahl

Bearbeitung: Helmut Hornung


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