Die Antenne im Tal

Der Bau des 100-Meter-Radioteleskops vor vier Jahrzehnten zeugt von hoher Ingenieurskunst

3. Mai 2011

Das Effelsberger 100-Meter-Teleskop hat zwei Generationen von Radioastronomen gedient und zu Tausenden von wissenschaftlichen Veröffentlichungen geführt. Im Mai 1971 offiziell in Betrieb genommen, zählt es noch heute dank sorgfältiger Wartung und ständiger Verbesserungen zu den astronomischen Präzisionsinstrumenten erster Güte. Die Historie des Teleskops ist ein spannendes Stück Technikgeschichte.

Als Galileo Galilei im Sommer des Jahres 1609 sein bescheidenes „Sehrohr“ auf die Sterne richtete, eröffnete er einen neuen Himmel. Er beobachtete Dinge, die nie zuvor ein Mensch gesehen hatte: Berge und Krater auf dem Mond, die Phasen der Venus, einzelne Sterne der Milchstraße. Galileo Galilei hatte das Fenster zum Weltall weit aufgestoßen. Der Forscher konnte nicht ahnen, dass sein Fernrohr nur eine winzige Oktav in der kosmischen Klaviatur des Lichts wahrnahm. Denn das elektromagnetische Spektrum, das wir aus dem Weltall empfangen, reicht über zwölf Größenordnungen: am einen Ende das hochenergetische Gammalicht mit Wellenlängen von 0,01 Nanometer (Milliardstel Meter), am anderen der Radiobereich mit Wellenlängen von mehreren Metern.

Dieses Radiofenster erschloss in den frühen 1930er-Jahren Karl Jansky. Im Auftrag der Telefongesellschaft Bell Phone hatte der amerikanische Ingenieur ein 30 Meter langes Ungetüm aus Holz und Draht gebaut und damit nach Störsignalen im Kurzwellenband gelauscht. Tatsächlich verfing sich in Janskys Antenne ein Zischen. Es stammte aber nicht von einer intergalaktischen Radiosendung der Aliens, sondern aus dem Zentrum der Milchstraße.

Heute fahnden Forscher aus dem Max-Planck-Institut für Radioastronomie mit Hightech-Schüsseln nach den Signalen vom langwelligen Ende des elektromagnetischen Spektrums. Herz des Bonner Instituts ist die 1971 eingeweihte Antenne nahe Effelsberg in der Eifel – mit einem Durchmesser von 100 Meter jahrzehntelang das größte vollbewegliche Radioteleskop der Welt. (Den Rang abgelaufen hat ihm vor wenigen Jahren das amerikanische Greenbank-Teleskop mit einem effektiven Durchmesser von etwas mehr als 100 Metern.)

Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern fasste die Radioastronomie in Deutschland spät Fuß. Das lag an technischen Beschränkungen, die den Forschern infolge des Zweiten Weltkriegs von den Besatzungsmächten auferlegt wurden. Erst Mitte der 1950er-Jahre wurde eine vollbewegliche Antenne mit 25 Meter Durchmesser auf dem Stockert errichtet, einer Anhöhe nördlich von Bad Münstereifel. Zur selben Zeit baute das Heinrich-Hertz-Institut in Berlin-Adlershof ein 36-Meter-Transitinstrument, das für galaktische Forschung vorgesehen war.

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