N3AR – Ein neuer Heterodyn-Empfänger für Wellenlängen um 3 mm
Der N3AR (Abkürzung für „New 3 mm APEX Receiver“) ist ein Einzelpixel-Heterodyn-Empfänger, der im erweiterten W-Band (67 – 116 GHz, d.h. bei Wellenlänge um 3 mm) arbeitet. Pro Polarisation des elektrischen Feldes und pro Seitenband wird eine Zwischenfrequenz (ZF) generiert (engl. "dual polarization, sideband separating heterodyne receiver").
N3AR ist am Atacama Pathfinder EXperiment Telescope (APEX), unserem 12 m Teleskop in Chile, in der Cassegrain Kabine installiert. Ebenfalls in der Kabine befindet sich unser Kamerasystem A-MKID.

Spezifikationen
RF Bandbreite | 67 – 116 GHz |
ZF Bandbreite | 4 – 12 GHz, pro Polarisation und Seitenband |
"Zwei-Farben-Modus" | Simultane Beobachtungen mit NFLASH-230 oder SEPIA-345 möglich |
Durchschnittliche Rauschtemperatur | ~ 45 K |
Seitenband-Separation | ≥ 15 dB |
Technologie | Geriffeltes Empfängerhorn |
Motivation
Die Idee zum Bau des N3AR kam während einer APEX-Konferenz im Januar 2023 auf.
Das APEX-Teleskop sollte auch an VLBI-Beobachtungen bei 3 mm Wellenlänge teilnehmen. Zu dieser Zeit war APEX schon Teil des VLBI-Netzwerks bei 1,3 mm und 1 mm Wellenlängen. Außerdem sollte durch gleichzeitige Beobachtungen mit N3AR und entweder NFLASH-230 oder SEPIA-345 die „frequency phase transfer method“ (FPT) getestet werden. Hierbei werden die VLBI-Parameter (z.B. Phaseninformation), die durch Auswertung der Messungen bei der größeren Wellenlänge bestimmt wurden, zur Verbesserung der Analyse der Messungen der niedrigeren Wellenlänge verwendet. Außerhalb der VLBI-Kampagnen sollte der Empfänger auch für spektroskopische Beobachtungen genutzt werden, z.B. während Schlechtwetterlagen, bei denen Beobachtungen bei höheren Frequenzen nicht (mehr) möglich sind.

Entwicklungszeit
Die Entwicklung des Empfängers begann im April 2023. Um den Aufbau zu beschleunigen und möglichst schnell an VLBI-Beobachtungskampagnen teilzunehmen, wurde auf vorhandene und kommerziell verfügbare Hardware, wo es möglich war, zurückgegriffen. Das Design wurde angelehnt an das neue ALMA-Band 2+3 Empfängersystem. Im September/Oktober 2024 konnte N3AR am APEX installiert werden. Vom 11. bis 14. Oktober, nur wenige Tage nach der Installation in der Kabine, nahm N3AR bereits an 3 mm VLBI-Beobachtungen teil. Erste gleichzeitige VLBI-Beobachtungen bei 3 mm und 1,3 mm fanden vom 19. bis 22. November 2024 statt. Beide Beobachtungskampagnen waren erfolgreich und zeigten "fringes" zwischen APEX und den Partnerteleskopen. Auch der Test, die bei 3 mm Wellenlänge gemessene Phaseninformation auf die Kalibration der Messungen bei der kürzeren Wellenlänge („frequency phase transfer“) anzuwenden, klappte. Zurzeit (Ende 2024) werden weitere Messungen mit N3AR durchgeführt, um das System zu charakterisieren und vollständig in Betrieb zu nehmen.
Technologie
Im Gegensatz zu den anderen Heterodynempfängern am APEX, verwendet N3AR keine gekühlten Mischelemente, z.B. SIS. Im Kryostaten von N3AR wird das Signal vom Teleskop von mehreren gekühlten HEMTs rauscharm verstärkt und im Anschluss aus dem Dewar hinausgeleitet. Der erste Mischprozess findet bei Umgebungstemperatur im sogenannten "downconverter" statt. Dadurch ist N3AR deutlich weniger komplex aufgebaut als andere Heterodynempfänger, was den Empfänger zuverlässiger und einfacher zu warten macht.
Das System kann in vier (Haupt-)Komponenten unterteilt werden: der Kryostat, der mit Hilfe eines Sumitomo RDK-415P Kühlkopfs gekühlt wird, zwei optischen Aufbauten ("Upper Optics Assembly" (UOA) und "Lower Optics Assembly" (LOA)) und einem 19-Zoll Rack.
Das Rack beinhaltet die notwendigen Elektroniken zum Betrieb des Empfängers und zur Verarbeitung der Ausgangssignale. Zusätzlich dient es als Tragestruktur für den Kryostaten trägt.
Das „Upper Optics Assembly“ (UOA) ist an der Kabinendecke befestigt und besteht hauptsächlich aus dem Auswahlmechnismus für den "Ein-Farben"- oder "Zwei-Farben"-Modus. Das Teleskopsignal kann entweder
- weiter in die A-Kabine von APEX geleitet werden, für Beobachtungen nur mit NFLASH oder SEPIA, oder
- durch einen Flachspiegel zu N3AR geleitet werden, für Beobachtungen nur mit N3AR, oder
- aufgeteilt werden durch einen dichroidischen Filter, der an unserem Institut gebaut wurde, für simultane Beobachtungen mit N3AR und entweder NFLASH-230 oder SEPIA-345; hierbei ist N3ARs Strahl (niedrigere Frequenz) in Reflektion, der NFLASH/SEPIA Strahl in Transmission.
Die "Lower Optics Assembly" (LOA) ist (justierbar) an den Kryostaten geschraubt und beinhaltet z.B. motorisierte Spiegel, um die Signale der verschiedenen Kalibrationseinheiten in das Empängerhorn zu leiten.

Der Kryostat beherbergt im Inneren (Figure 3) das Eingangshorn des Empfängers, hergestellt von Radiometer Physics GmbH (RPG), gefolgt von einen Orthomode-Transcuder, um die Polarisationen des Signals zu trennen. Jede Polarisation wird im Folgenden von zwei HEMTs verstärkt, die durch einen Isolator getrennt sind, bevor die beiden Signale über WR-10 Hohlleiter hinausgeführt werden. Daran an schließt sich das "downconverter system" von RPG, welches eine Zwischenfrequenz (ZF) von 2 – 20 GHz pro Polarisation und Seitenband (d.h. insgesamt vier ZF-Ausgänge) erzeugt. Der Lokaloszillator(LO)-Pfad des downconvers integriert einen Vervierfacher. Ein Synthesizermodul der Firma Virginia Diodes Inc., gefolgt von einer hauseigenen Dopplerstufe dient als Treiber-Signalgenerator für den LO. Zwei Signale der vier ZF-Ausgänge können durch einen Splitter geleitet werden, um die Signal für VLBI-Beobachtungen abzuzweigen. Alle vier ZF-Signale werden, für spektroskopische Beobachtungen, in einem ZF-Prozessor weiter umgesetzt. Hierbei werden die ZF-Bänder 4 – 8 GHz und 8 – 12 GHz auf insgesamt acht Basisbändern von 0 – 4 GHz abgebildet. Jedes Basisband wird von einem Kanal unserer dFFTS-Karten (dual-Fast-Fourier-Transform-Spektrometer) digitalisiert.
Dichroidischer Filter
Eine große Herausforderung war die Entwicklung eines dichroidischen Filters ("dichroic") für den "Zwei-Farben-Modus" (d.h. gleichzeitige Beobachtungen mit NFLASH-230 oder SEPIA-345). Das Filter ist, aufgrund der räumlichen Verhältnisse in der Cassegrain Kabine, ein Hochpass-Filter.


Das finale Design des "dichroic" (Figure 4) basiert auf zwei Drahtgittern, die sich in einem bestimmten Abstand voneinander befinden. Jedes Gitter hat kreuzförmig angeordnete Drähte (d.h. bei der Herstellung wurde jedes Gitter horizontal und im Anschluss zusätzlich vertikal gewickelt). Die Drähte sind 20 µm dick. Benachbarte Drähte haben einen Abstand von 500 µm. Die Drähte liegen auf runden Rahmen auf; der Innendurchmesser der Gitterrahmen (d.h. die freie Apertur) beträgt ~210 mm.

Der Abstand zwischen den Gitterebenen bestimmt das Transmissionsverhalten des Filters und beträgt einige Zehntel Millimeter. Die beiden Gitterrahmen werden durch Federn zu einander gezogen, drei entsprechende Stempel drücken sie auseinander, bzw. definieren den Abstand zwischen den Gittern. Zurzeit (Ende 2024) ist dieser Abstand fest eingestellt. Gewählt wurde der Abstand für beste Transmission bei 258 GHz, der Beobachtungsfrequenz von NFLASH-230 während der VLBI-Kampagnen im Oktober und November 2024. Das Filter sind jedoch bereits jetzt mit Motoren ausgestattet, um die Stempel automatisiert verfahren zu können. Ziel ist ein computergesteuert justierbares, dichroidisches Filter für die RF-Bereiche von NFLASH-230 und SEPIA-345.
Kalibration
Für die Kalibrierung des Empfängers stehen drei Schwarzkörper auf unterschiedlichen Temperaturen zur Verfügung: eine "cold-load" bei ~50 K, eine "ambient-load" bei ~290 K, eine "hotter-load" bei ~350 K. Mit Hilfe zweier "loads" und der etablierten Y-Faktor-Methode kann der Verstärkungsfaktor des Systems bestimmt werden.
Die "cold-load" wird durch ein "Zurückschauen" des Empfängers auf einen Absorber in seinem Kryostaten realisiert. Die "hotter-load" besteht aus einem geheizten und mit Absorber-Paste ausgekleideten Kegel. Alle "loads" wurden im Institut entwickelt.