Heiße Wissenschaft im kalten Universum
Das “Atacama Pathfinder Experiment” in Chile beginnt seine zweite Beobachtungsdekade
In bisher 10 Betriebsjahren hat das 12m-Submillimeterteleskop des “Atacama Pathfinder Experiments” (APEX) zu einem breiten Spektrum astronomischer Forschung beigetragen, von der Entdeckung neuer interstellarer Moleküle bis zu großskaligen und sehr tiefgehenden Himmelsdurchmusterungen im Submillimeterbereich, die zu neuen Erkenntnissen über die Sternentstehung in unserer Milchstraße bis zu weit entfernten Galaxien im frühen Universum führen. Das Jubiläum wurde mit Festvorträgen im Rahmen einer Feier im APEX-Basislager in San Pedro de Atacama gewürdigt, verbunden mit einem Besuch des Teleskops selbst auf dem Chajnantor-Plateau in über 5000 m Höhe über dem Meeresspiegel.
Das Atacama Pathfinder Experiment (APEX) ist ein Radioteleskop von 12 m Durchmesser für Himmelsbeobachtungen bei Submillimeter-Wellenlängen. Es wurde an einem sehr speziellen Standort errichtet, auf dem Chajnantor-Plateau in über 5000 m Meereshöhe in der Atacamawüste in Nordchile. Die Verbindung von großer Höhe und extrem hoher Trockenheit erlaubt Beobachtungen im sonst von der Erdoberfläche aus unzugänglichen Submillimeterbereich des elektromagnetischen Spektrums. Die Chajnantor-Hochebene ist auch der Standort für das Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA).
Am 25. und 26. Januar 2016 wurde der 10te Jahrestag von APEX im APEX-Basislager in Sequitor, San Pedro de Atacama, gewürdigt. Auf einer Höhe von nur 2500 m über dem Meeresspiegel ist die Station wesentlich leichter zugänglich als das Teleskop selbst. Eine Reihe von Ehrengästen waren anlässlich der Feier zugegen, darunter der deutsche Botschafter in Chile, Rolf Schulze, der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Prof. Martin Stratmann, und der Generaldirektor der Europäischen Südsternwarte (ESO), Prof. Tim de Zeeuw. Für die Partner in der APEX-Kollaboration nahmen der für APEX verantwortliche Wissenschaftler Prof. Karl Menten und der Projektmanager Dr. Rolf Güsten, beide vom Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie, daran teil, sowie Prof. John Conway, der Direktor des Onsala Space Observatory (OSO) in Schweden. Abb. 1 zeigt die Teilnehmer der Jubiläumsfeier vor dem APEX-Teleskop in 5100 m Höhe.
“Mit dem Entwurf und dem Betrieb von APEX geben die beteiligten Partner, ESO, OSO und die Max-Planck-Gesellschaft, ein perfektes Beispiel dafür, wie eine langfristig angelegte internationale Zusammenarbeit neue Erkenntnisse in der Astronomie hervorbringt“, sagt Martin Stratmann, der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft. In den vergangenen 10 Jahren haben 2000 Wissenschaftler im Rahmen ihrer Projekte mit APEX-Daten gearbeitet; daraus resultieren inzwischen mehr als 500 wissenschaftliche Veröffentlichungen. Zu den wichtigen Ergebnissen aus APEX-Beobachtungen gehören die Entdeckung von fünf neuen interstellaren Molekülen im Weltraum sowie umfassende Himmelsdurchmusterungen wie ATLASGAL (der “APEX Telescope Large Area Survey of the Galaxy”), und LESS (der “LABOCA Survey of the Extended Chandra Deep Field South”). In beiden Projekten wurde die “Large APEX Bolometer Camera” (LABOCA) dazu eingesetzt, Sternentstehungsaktivitäten sowohl in unserer Milchstraße als auch in frühen Epochen des Universums zu erfassen. Das APEX-Teleskop und sein Zugang zum Südhimmel, vor allem zum zentralen Bereich unserer Milchstraße und ihren beiden Begleitgalaxien, den Magellanischen Wolken, wird in Abb. 2 dargestellt.
„Es ist mir eine große Freude, 10 Jahre Astronomie mit APEX zu feiern und die ESO ist sehr stolz darauf, Partner in diesem Projekt zu sein. APEX ist nicht nur selbst ein erstaunlich produktives Teleskop, sondern es ist auch eine tolle Ergänzung von ALMA, seinem jüngeren Nachbarn auf der Chajnantor-Plateau“, sagt Tim de Zeeuw, der Generaldirektor von ESO.
Das Projekt APEX wurde von Karl Menten, Direktor und Leiter der Forschungsabteilung “Millimeter- und Submillimeterastronomie“ am MPIfR, ins Leben gerufen. Die außergewöhnliche persönliche Beteiligung von Karl Menten und Rolf Güsten wurde von Martin Stratmann bei der 10-Jahresfeier in Sequitor gewürdigt: „Ich bin tief beeindruckt von der Leidenschaft und Hingabe, die schließlich zur Konstruktion und zum Aufbau von APEX im Jahr 2003 führten. Von Beginn an hat APEX seine wichtige Rolle bei der Erforschung des Südhimmels gezeigt.“ Dazu erinnert sich Menten: „Von Anfang an hat uns APEX phantastische Daten geliefert. Und nun, nach 10 Jahren Forschung, spielt es weiterhin eine wichtige Rolle nicht nur als Pfadfinder, sondern auch als ein Instrument, welches sowohl das ALMA-Interferometer als auch das Flugzeug-Observatorium SOFIA hervorragend ergänzt.“
“Vom Standpunkt des Ingenieurs aus betrachtet, ist APEX ein großer Erfolg und hat von Anfang an unsere Erwartungen übertroffen”, sagt Rolf Güsten. „Innerhalb der letzten zehn Jahre haben wir die Leistung des Teleskops stetig verbessert. Zum heutigen Zeitpunkt arbeiten wir mit hochmodernen Empfängern und Kamerasystemen an vorderster Front der Submillimeter-Astronomie.“ Die kontinuierliche Weiterentwicklung von innovativer Technologie und damit der Eröffnung von neuen wissenschaftlichen Möglichkeiten war schon immer ein integraler Teil der Philosophie dieses Projekts.
“Die Zusammenarbeit während der vergangenen 10 Jahre zwischen drei sehr unterschiedlichen Forschungseinrichtungen hat außergewöhnlich gut funktioniert, wobei jeder der Partner seine individuellen Stärken in das Projekt einbringen konnte. APEX hat eine vielversprechende Zukunft, sowohl als eigenständiges Forschungsinstrument als auch in Ergänzung zu Beobachtungen mit ALMA“, sagt John Conway, der Direktor von OSO.
Mit der offiziellen Einweihung von ALMA ist die Bedeutung von APEX sogar nochmals gestiegen, wobei APEX das komplementäre Instrument zu dem hochauflösenden Interferometer darstellt, mit dem die großräumige Struktur kosmischer Molekülwolken erfasst werden kann, woraus sich dann Zielobjekte für detaillierte Studien mit ALMA herauskristallisieren. „Was auch immer mit APEX aufgespürt wird, kann anschließend mit ALMA in phantastischer Präzision kartiert werden“, erklärt Karl Menten. „APEX ist in der Tat ein Pfadfinder.“ Die Bedeutung von APEX im Wechselspiel mit ALMA wird von Martin Stratmann betont: „Astronomie und Astrophysik waren schon immer Kernelemente in unserem Forschungsprogramm. Größe und Vielfalt der Experimente haben in der Zwischenzeit zu grundlegenden Änderungen darin geführt, wie wir unsere Forschungsfragen in der Praxis angehen. In der heutigen Zeit gründen neue Durchbrüche auf einem ausgedehnten Netz von sich ergänzenden Teleskopen und Instrumenten. Die Rolle von APEX als Pfadfinder zeigt, mit welcher Flexibilität die Max-Planck-Gesellschaft neue und vielversprechende Entwicklungen aufgreifen kann.“
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Das Atacama Pathfinder Experiment (APEX) ist ein Teleskop von 12 m Durchmesser in 5100 m Höhe über dem Meeresspiegel in der extrem trockenen Chajnantor-Hochebene in der chilenischen Atacama-Wüste. Es arbeitet im Bereich der Millimeter- und vor allem Submillimeterstrahlung, einem bisher noch wenig erforschten Grenzbereich in der Astronomie und erfordert den Einsatz hochentwickelter Empfangssysteme und einen extrem hochgelegenen und trockenen Standort für das Observatorium. APEX ist das größte Submillimeter-Teleskop auf der Südhalbkugel der Erde. Es wird in Zusammenarbeit zwischen dem Max-Planck-Institut für Radioastronomie, dem Onsala Space Observatory und der ESO betrieben. Für den Betrieb von APEX vor Ort in Chajnantor ist die ESO verantwortlich.