Superscharfes Infrarot-Auge für die Europäische Südsternwarte

Ein neuartiges Infrarotinstrument am Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte ermöglicht die Bildschärfe eines 200-Meter-Riesenteleskops

5. April 2004

Schwarze Löcher in den Zentren von Galaxien, Staubscheiben um junge Sterne, Planeten anderer Sonnen zu erforschen, erfordert Messungen mit extremer Bildschärfe. AMBER, der "Astronomical Multi BEam Recombiner", ist ein neues Instrument, das Licht von gleich drei der 8,2 Meter-Einzelteleskope der Europäischen Südsternwarte ESO in Chile miteinander "interferometrisch" kombinieren kann. Dadurch wird die Bildschärfe eines Teleskops von 200 Metern Durchmesser erreicht. Die europäischen Astrophysiker verfügen damit über ein Instrument, das erstmalig eine spektakuläre Bildschärfe im nah-infraroten Spektralbereich ermöglicht. Die erste astronomische Messung mit AMBER ist am 23. März 2004 gelungen. An dem europäische Konsortium, das AMBER gebaut hat, sind folgende Institute beteiligt: Laboratoire Universitaire d'Astrophysique de Nice (LUAN), Laboratoire d'Astrophysique de l'Observatoire de Grenoble (LAOG), Laboratoire Gemini de l'Observatoire de la Côte d'Azur (OCA), Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIFR) in Bonn und Osservatorio Astrofisico di Arcetri (OAA) in Florenz. Principle Investigator (PI) dieses Projektes ist Romain Petrov von der Universität in Nizza. Für die Entwicklung der Infrarot-Kamera und die Datenerfassungssoftware war die Forschungsgruppe für Infrarot-Interferometrie unter Leitung von Gerd Weigelt am Max-Planck-Institut für Radioastronomie verantwortlich.

Planeten um benachbarte Sonnen beobachten? In den Kernbereich entfernter Galaxien hineinspähen? Die Umgebung von Schwarzen Löchern erforschen? Das klingt wie ein Traum für Astrophysiker. Mit AMBER sind solche Untersuchungen möglich. AMBER ist ein Interferometrie-Instrument für den Nah-Infrarotbereich und hat am "Very Large Telescope" (VLT) der Europäischen Südsternwarte auf dem Cerro Paranal in Chile soeben seine ersten Messungen durchgeführt. Am 23. März 2004 gelang es, ein spektral aufgelöstes Interferenz-Bild des nahen Sterns Sirius aufzunehmen.

AMBER kann das Infrarot-Licht von zwei oder drei Teleskopen miteinander interferometrisch vereinigen. Dadurch wird die Bildschärfe extrem gesteigert. Da der Abstand der Einzelteleskope des VLT bis zu 200 Meter betragen kann, erhält man Bilder mit einer Auflösung wie bei einem Teleskop von 200 Metern Durchmesser - also 25fach schärfer als bei den Einzelteleskopen des Very Large Telescopes. Außerdem ermöglicht AMBER gleichzeitig die Messung bei vielen verschiedenen Wellenlängen.

Inzwischen haben Astronomen bereits über hundert Forschungsprojekte zur Beobachtung angemeldet, und noch viel mehr werden in Zukunft von europäischen Instituten erwartet. Darunter befinden sich viele Anträge zu Schlüsselthemen der aktuellen Astrophysik, wie die Untersuchung von jungen Sternen und deren Staubscheiben, aus denen gerade neue Planetensysteme entstehen, die Physik der Schwarzen Löcher in den Kernbereichen von Galaxien oder der direkte Nachweis der Strahlung von extrasolaren Planeten. AMBER kann die Massen und Spektren solcher Planeten und möglicherweise sogar ihre Atmosphären erforschen.

Am europäische AMBER-Konsortium sind fünf Institute aus drei Ländern beteiligt. Die Leitung des Projektes ist in Nizza und Grenoble. Die Infrarot-Kamera von AMBER und das Datenerfassungssystem wurden vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn gebaut. Das italienische Osservatorio Astrofisico di Arcetri hat das gekühlte Spektrometer beigetragen. Beide Institute tragen jeweils 25 Prozent der Gesamtkosten. Die optischen- und mechanischen Teilsysteme und die Kontroll-Software für das Instrument wurden an der Universität Nizza hergestellt, mit Unterstützung durch das Observatoire de Bordeaux, dem IRCOM und INSU. Das Laboratoire d'Astrophysique de l'Observatoire de Grenoble übernahm die Verantwortung für die Software sowie für den Test und Zusammenbau der Teilsysteme.

"Das ESO Very Large Telescope Interferometer wird gemeinsam mit dem AMBER-Interferometrie-Instrument völlig neuartige Forschungsprojekte ermöglichen, denn es kann die extreme Auflösung von einer Milli-Bogensekunde bei der Wellenlänge von einem Mikrometer liefern," erklärt Prof. Gerd Weigelt, Direktor am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn. "Diese hohe Bildschärfe ist sehr wichtig für die Erforschung von Sternen während ihrer Entstehung, von Zentren ferner Galaxien, Planeten anderer Sonnen und vielen anderen Schlüsselobjekten der Astrophysik."

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