Herausragende Radioastronomie in Europa

Europäische Kommission gibt 10 Millionen Euro für RadioNet-FP7

27. März 2009
"RadioNet", das europäische Radioastronomie-Programm, wird über das Siebte Europäische Rahmenprogramm FP7 mit einem Betrag von insgesamt 10 Millionen Euro ausgezeichnet. RadioNet ist eine europaweite Initiative, die alle größeren Radio-Observatorien in Europa zusammenführt und einen ausgedehnten Frequenzbereich zwischen 10 Megahertz und 10 Terahertz abdeckt. Auf der Grundlage des sehr erfolgreichen FP6-Programms wird nun RadioNet-FP7 für die nächsten drei Jahre (2009-2011) von der Europäischen Gemeinschaft gefördert. Das Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn ist an sämtlichen Teilaktivitäten des RadioNet-Programms beteiligt und hat die Leitung in zwei der Netzwerk-Aktivitäten (Ingenieur-Forum und Spektrum-Management) übernommen. Über das TNA- ("Trans National Access") Programm bietet es Zugang zu Beobachtungszeit mit dem 100m-Radioteleskop Effelsberg. Das erste Treffen der an RadioNet-FP7 beteiligten Partnerinstitute ("kickoff meeting") wird am 30. und 31. März 2009 in den Niederlanden stattfinden.

Bereits im Rahmen des FP6-Programms hat RadioNet begonnen, die europäische Radioastronomie zu verändern. Es ist inzwischen fast der Normalfall für Radioastronomen in Europa, Zusammenarbeit über Staatsgrenzen hinweg als erfolgversprechendsten Weg anzusehen.

Die Intention von RadioNet als Integrationsprojekt besteht darin, die Nutzung und die Weiterentwicklung der existierenden Radioteleskope in Europa speziell in Richtung zukünftiger Großprojekte zu optimieren, und zwar unter Einschluss der nächsten Generation großer Radioteleskope wie ALMA ("Atacama Large Millimeter Array") und SKA ("Square Kilometer Array"). Ein vorrangiges Ziel ist dabei, dass europäische Forscher Zugang zu den radioastronomischen Einrichtungen erhalten, die sie für ihre Forschungszwecke benötigen. Dazu soll sichergestellt werden, dass innovative technologische Entwicklungen in der Radioastronomie europaweit unterstützt werden, wobei das gesamte Spektrum vorhandener Kenntnisse und Fähigkeiten und Resourcen zum Einsatz kommen soll. So wird gewährleistet, dass der technologische Fortschritt nicht langsam und isoliert erreicht wird, sondern schnell und effizient über wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit auf einer breiten Basis.

Das RadioNet-Programm ist im Lauf der Jahre auf 26 Partner aus 13 verschiedenen Ländern angewachsen, die zu insgesamt 18 separaten Arbeitspaketen beitragen. Darunter sind mehrere Partnerinstitute aus Deutschland: Das Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR), das I. Physikalische Institut der Universität zu Köln (KOSMA) und das Fraunhofer-Institut angewandte Halbleiterforschung (IAF). Die Arbeitspakete umfassen gemeinsame Forschungsinitiativen (JRA - "Joint Research Activities"), Studenten- und Doktorandenschulungen, Workshops zu neuen Forschungsbereichen und vor allem auch den einfacheren Zugang für Wissenschaftler zu den leistungsstärksten Radioteleskopen in Europa.

Das MPIfR nimmt als Partnerinstitut an einer Reihe von Tätigkeiten im Rahmen von RadioNet-FP7 teil. Bei den Netzwerktätigkeiten (NA - "Networking Activities") hat es die Federführung in zwei Bereichen übernommen: 1) Ingenieur-Forum, mit dem Kommunikation, Training und wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen Ingenieuren verstärkt werden soll (Reinhard Keller); 2) Spektrum-Management, mit dem eine gemeinsame Stimme gegenüber den Regulierungsbehörden zum Schutz radioastronomischer Frequenzbänder bereitgestellt wird (Axel Jessner).

Darüber hinaus stellt das MPIfR im Rahmen des TNA-Programms ("Trans National Access") Beobachtungszeit mit dem Radioteleskop Effelsberg zur Verfügung. Mit einem Durchmesser von 100 Metern ist es das größte und empfindlichste Radioteleskop in Europa. Dabei kommen über 1000 Stunden Beobachtungszeit exklusiv mit dem 100-m-Teleskop und noch einmal 336 Stunden für Messungen im Verbund (VLBI - "Very Long Baseline Interferometry") in den Jahren 2009-2011 zusammen. Auf der Grundlage der wissenschaftlichen Qualität der beantragten Beobachtungen haben Wissenschaftler aus Ländern der EU und weiteren Partnerländern Zugang zu diesem Teleskop.

Das MPIfR ist Partnerinstitut in einer Reihe von gemeinsamen Forschungsinitiativen wie z.B. APRICOT ("All Purpose Radio Imaging Cameras on Telescopes"), ALBiUS ("Advanced Long Baseline interoperable User Software") und AMSTAR+ ("Focal plane Arrays at Millimetre/Sub-millimetre wavelengths and THz frequencies for Astronomical Research"). Im Rahmen von APRICOT werden Design und Systemtechnologie für Breitband-Empfänger entwickelt, mit denen Radiostrahlung im Frequenzbereich von 30 bis 50 GHz aufgenommen werden kann. "Die wichtigste Herausforderung besteht darin, die zahlreichen Einzelbestandteile zusammenzuführen und in das System zu integrieren. Vor allem die kryogenisch gekühlten Bestandteile müssen sorgfältig ausgelegt werden, um den Empfänger mechanisch und kryogenisch zu stabilisieren. Und dabei soll er auch noch einfach zu bedienen sein", sagt Reinhard Keller. "Unsere Elektronik-Abteilung am MPIfR untersucht die geeignete Architektur für die Empfänger mit dem Ziel, ein fertiges Design für eine Multi-Pixel-Kamera bereitzustellen."

Neben den EU-Mitgliedsländern nehmen auch Südkorea, die USA und Südafrika an dem Programm teil. Das RadioNet-FP7-Management basiert auf der engen Zusammenarbeit, die viele radioastronomische Forschungsinstitute im Rahmen des Europäischen VLBI-Netzwerks (EVN) in den vergangenen 30 Jahren entwickelt haben. EVN ist eine Netwerk von 16 wichtigen Radioteleskopen in Europa und anderen Teilen der Erde, vor allem China und Südafrika. "RadioNet gibt uns den Rahmen für wissenschaftliche und technische Zusammenarbeit in der Radioastronomie", sagt Anton Zensus. "Es eröffnet neue Wege für hervorragende Forschung und Entwicklung in unserem Institut."

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