Kosmische Entfernungen
(Schülerpraktikumsprojekt von Björn-Eric Reitz aus dem Jahr 2007)
Der Weltraum ist voll von großen sowie kleinen Entfernungen. Doch vor allem die Großen bergen Geheimnisse, die wir ihm nur zu gerne entlocken möchten. Die Dimension sind so gewaltig, dass sogar eigene Einheiten bestimmt werden mussten, damit die Zahlen nicht zu groß werden. Vieles ist so weit entfernt, das nur Vermutungen angestellt werden können. Man stelle sich mal vor, das Voyager 1 die 1977 gestartet wurde, und wesentlich schneller als jedes Auto ist, erst vor kurzem an den Rand des Sonnenystems gelangt ist. Doch zwischen dem Sonnenensystem und dem nächsten Stern wird es noch eine sehr viel längere Reise werden, die viele Jahrtausende überdauern würde. Doch die Entfernungen bergen eine weitere Gefahr. Da sich Funksignale mit einer endlichen Geschwindigkeit ausbreiten, kommt ein Signal über größere Entfernungen wesentlich später an als es abgeschickt wurden. Zum Beispiel benötigen die Signale zu der Voyager Raumsonde mehr als 14 Stunden. Auch das Licht von den Sternen braucht seine Zeit bis es uns erreicht. Somit ist das Bild eines Sterns der 2,4 Milliarden Lichtjahr weit weg ist auch 2,4 Milliarden Jahre alt!!!
Entfernungseinheiten im Universum
Es gibt verschiedene Einheiten um die großen sowie die kleinen Entfernungen zu messen, die nun mal in unserer Galaxie vorkommen.
- Der Meter ist zwar die gebräuchlichste Einheit zur Messung von alltäglichen Entfernungen, aber für die unvorstellbar großen Distanzen in unserem Universum viel zu klein. Zum Messen von kleinen Objekten eignen sich die Teile eines Meters, wie zum Beispiel der Nanometer, am besten.
- Selbst mit dem vielfachen eines Meters zum Beispiel dem Kilometer ist man schnell mit riesigen Zahlen konfrontiert.
- Die Einheit Lichtjahr, die nicht etwa eine Zeiteinheit ist, eignet sich zum Messen großer Entfernungen schon besser. Man bekommt nicht all zu schnell riesige Zahlen. Ein Lichtjahr enspricht etwa 9,5 Billionen!! Kilometer.
- Das Parsec ist unter den Astronomen die beliebtere Einheit zum messen großer Entfernungen. Ein Parsec entspricht etwa 3,3 Lichtjahre.
- Des weiteren benutzt man auch oft die Exponentialdarstellung, da durch sie die Zahlen abgekürzt und schneller bestimmt werden können.
Eine Reise durch die Dimensionen
Vorlage: Zehn Hoch von Philip und Phylis Morrison
Wir beginnen unsere Reise durch die verschiedenen Größendimensionen in der Mitte von Mikrokosmos und Makrokosmos: Beim Menschen.
Wir entfernen uns zunächst in die Welt des Mikrokosmos:
- Mit unserem ersten Schritt sind wir etwa bei 10 Zentimeter angelangt. Diese Welt ist nichts besonderes für uns, da wir ihr in unserem alltäglichen Leben oft begegnen. Es ist die Dimension von zum Beispiel einer Blume oder einer Hand und vielem mehr.
- Selbst wenn wir noch einen Schritt weiter gehen, und bei einem Zentimeter angelangt sind, können wir diese Welt noch mit bloßem Auge betrachten.
- Nach dem nächsten Schritt, und etwa in einer Nähe von einem Millimeter, können wir mit unserem bloßen Auge nichts mehr erkennen. Nun hilft uns nur noch ein Mikroskop weiter.
- Bei etwa 0,1 Millimeter öffnet sich uns eine unbekannte Welt. Wir sehen Haare, die so dick wie Bäume sind, und die raue Oberfläche der Haut.
- Im Inneren eines Blutgefäßes werden Rote Blutkörperchen sichtbar, wenn man sich auf ca. 10 Mikrometer annähert. Danach gibt unser normales Mikroskop langsam auf und wir können die Welt nur noch mit Hilfe eines Rasterelektronenmikroskops betrachten.
- Noch einen Schritt weiter, bei einem Mikrometer, sind wir bereits in die Dimension eines einzelnen Zellkerns eingedrungen.
- Bei etwa 0,1 Mikrometer (oder 1000 Ångström) sind wir in dem Größenverhältniss von mehreren DNS-Strängen.
- Mit dem nächsten Schritt bei ungefähr einem Nanometer sehen wir einen einzelnen DNS-Strang. Man kann schon die einzelnen Moleküle erkennen, aus denen die DNS aufgebaut ist.
- Bei etwa 0,1 Ångström oder 10 Picometern sind wir in das innere eines Atoms eingedrungen.
- Wenn man bei einem Picometer angelangt ist, kann man in der "Ferne" schon den Atomkern sehen.
- Nach den nächsten Schritten, bei 10 Fermi, gelangt man schon so nahe an den Atomkern heran, das er das ganze Blickfeld füllt.
- In einer Nähe von ca einem Fermi kann man sogar die innere Struktur eines Neutrons betrachten und feststellen, das sie aus weiteren Elementarteilchen, den Quarks bestehenen. Was sich noch tiefer in den Quarks befindet kann man nur erahnen.
Hier endet unsere Reise in den Mikrokosmos.
Doch was in die Richtung des Mikrokosmos möglich, ist auch in die Richtung des Makrokosmos möglich.
- Wenn wir, wieder ausgehend vom Menschen, langsam rauszoomen, erreichen wir in einer Höhe von 100 Meter noch vertraute Dimensionen, etwa von einem Fußballstadion.
- Bei einem Kilometer sind wir in der Größe von einem kleinen Dorf.
- In einer Entfernung von 100 Kilometer erreichen wir die Größenordung von dem Einzugsgebiet einer großen Metropole wie zum Beispiel New York.
- Nach einem weiteren Schritt bei 1000 Kilometer ist von der Metropole nicht viel zu sehen. Man befindet sich oberhalb der Wolkendecke, damit man die Dimension noch erfassen kann.
- Die Erde erfüllt das Blickfeld wenn man bis auf 10.000 Kilometer von dem Menschen in New York rauszoomt.
- Wenn wir uns wieder einen Schritt entfernen, und bei 100.000 Kilometer angekommen sind, wird die Erde langsam kleiner.
- Bei 1 Millionen Kilometern sehen wir die Erde und ihren Trabanten: den Mond.
- Nach weiteren 9 Millionen Kilometern können wir die Erde nicht mehr sehen. Wenn man sich allerdings einen Teil der Umlaufbahn der Erde vorstellt ist dieser gerade mal so groß, das die Erde ihn in nur knapp 4 Tagen durchlaufen kann.
- Wenn wir bei 1 Milliarde Kilometer oder ca. 7 Astronomischen Einheiten angelangt sind, so sehen wir alle inneren Planeten und die Umlaufbahn des Jupiters erfüllt den Rand unseres Blickfelds.
- Bei 10 Milliarden Kilometern können wir schon die Umlaufbahnen aller Planeten sehen.
- Wärend den nächsten Schritte wird die Sonne und unser System immer kleiner. Ab 10 Lichtjahren oder ca. 3 Parsec können wir die Sonne nicht mehr von den anderen Sternen unterscheiden. Sie verschwindet in einem Wirrwar von hellen Punkten.
- In ca 1000 Lichtjahren Entfernung wird die Wolke aus Sternen immer dichter.
- Ab 10.000 Lichtjahren sieht man die Sternhaufen ganz deutlich, die das Muster der Galaxiearme bilden.
- Mit einem Abstand von ungefähr 100.000 Lichtjahren kann man die Milchstraße in ihre vollen größe betrachten. Man sieht, das sie sich, im Uhrzeigersinn, um einen Punkt in der Mitte dreht, sodass ihre Arme spiralförmig verlaufen.
- Wenn man sich noch einen Schritt entfernt und bei 1 Millionen Lichjahren angekommen ist, so kann man neben unserer, nun klein gewordenen Milchstraße, auch die beiden Magellanschen Wolken sehen.
- Nachdem man sich wieder einige Schritten entfernt, und bei ca 100 Millionen Lichtjahren ist, erkennt man eine große Ansammlung von Galaxien den Virgohaufen.
- In einer Entfernung von 1 Milliarden Lichtjahren wird auch der Virgohaufen zunehmend kleiner. Man erkennt andere Galaxien, die viele Millionen oder sogar Milliarden Lichtjahre von uns entfernt sind.
Es ist nur schwer vorstellbar, dass in diesen riesigen Weiten von vielen Lichtjahren noch kein Leben gefunden werden konnte oder vielleicht erst gar nicht existiert. Die Antwort wird noch auf sich warten lassen, da die Entfernungen für die heutigen Teleskope viel zu groß sind.
Eine Reise durch kosmische Dimensionen, bei der man sich von der direkten Umgebung unserer Sonne mit den nächsten Nachbarsternen bis zum "Rand" des Universums durchzoomen kann, bietet der Atlas of the Universe von Richard Powell.
Entfernungsbeispiele im Universum
Da nun viele über Entfernungen gesagt wurde hier nun einige Beispiele aus unserem Sonnensystem und dem Rest des Universum:
- Die Entfernung zwischen Erde und Mond beträgt, wie eben schon erwähnt ungefähr 1,3 Lichtsekunden, das sind ca. 390.000 Kilometer.
- Die Entfernung zwischen Erde und Sonne beträgt ca. 8,3 Lichtminuten, das sind rund 150.000.000 Km.
- Das Licht benötigt zum Zwergplaneten Pluto ungefähr 5,7 Stunden. Das sind etwa 6 Milliarden Kilometer.
- Das gesamte Sonnensystem hat einen Durchmesser von ca. 150 Lichtstunden was ca 160.000.000.000 Kilometern entspricht.
- Alpha Centauri, der Stern, der unserer Sonne am nächsten ist, ist ganze 4,2 Lichtjahre entfernt. Das heißt, dass Voyager 1 beim derzeitigen Tempo (1,6 Millionen km pro Tag) immer noch ca. 70000 Jahre benötigte, um diesen Stern zu erreichen.
- Der Durchmesser unserer gesamten Galaxis, der Milchstraße, beträgt etwa 100.000 Lichtjahre, Selbst wenn wir mit annähernder Lichtgeschwindigkeit fliegen könnten, würde ein einzelner Mensch diese Strecke niemals überwinden können. Am Radioteleskop Effelsberg werden die Dimensionen der Milchstraße durch einen Milchstraßenweg verdeutlicht, auf dem man im Maßstab 1 zu 1017 (100 Billiarden) Objekte der Milchstraße über 40000 Lichtjahre hinweg auf einer Strecke von 4 km "erwandern" kann (vom Außenbereich an der Sonne vorbei bis zum Galaktischen Zentrum).
- Die nächste Galaxie, der Andromedanebel, ist unvorstellbare 2,5 Millionen Lichtjahre von uns entfernt.
- Der Virgohaufen hat einen Durchmesser von knapp 10 Millionen Lichtjahren und ist ca. 60 Millionen Lichtjahre entfernt.
- Den Durchmesser des Universums schätzt man auf einige Milliarden Lichtjahre (Alter des Universums ca. 14 Milliarden Jahre.)
Messverfahren
Es gibt viele verschiedene Verfahren, die angewandt werden können, um die Entfernungen in unserem Universum zu messen.
Die optische Interferometrie
Die optische Interferometrie eignet sich am besten zum Messen von kleinen Längen, die von Kilometern bis hin zu wenigen Attometern (10-18 m)!! reichen.
Es gibt zwei verschiedene Verfahren:
1) Phasenschiebeverfahren
Dabei werden kohärente Wellen, die von einem Objekt zurück geworfen werden, mindestens zweimal um einen bekannten Wert, räumlich oder zeitlich, verschoben, wärend an einem Punkt die Intensität gemessen wird. Man kann dann mit Hilfe einer geeigeneten Formel den Unterschied und damit die Entfernung bestimmen.
2) Weißlichtinterferometrie
Hier wird die Interferenz breitbandigen Lichts ausgenutzt. Da breitbandiges Licht eine kurze Kohärenzlänge hat, werden Interferenzphänomene nur sichtbar, wenn die beiden Weglängen in den Armen des Interferometers bis auf die Kohärenzlänge gleich sind. Die Kohärenzlänge bei weißem Licht ist gleich der Wellenlänge. Die Tatsache, dass nur bei abgeglichenem Objekt- und Referenzarm Interferenzen auftreten, wird ausgenutzt, um mit entsprechenden Geräten den Abstand zu messen.
Die Laufzeitmessung
Die Laufzeitmessung wird für Entfernungen von 0,01 Metern bis hin zu Milliarden Kilometern verwendet. Bei der Laufzeitmessung werden elektromagnetische oder akustische Wellen auf ein Zielobjekt gerichtet. Man misst dann die Zeit, die benötigt wird, bis das Signal reflektiert wurde, und wieder am Ausgangspunkt angelangt ist. Da man weiß, wie schnell sich die Wellen bewegen, kann man mit Hilfe einer geeigneten Formel den Abstand berrechnen. Sie kann z.B. angewandt werden, um den Abstand des Mondes zu bestimmen.
Die Formel lautet:
Die Triangulation
Die Triangulation ist das älteste Messverfahren und wurde schon von den alten Griechen bei der Landvermessung benutzt.
Das Prinzip ist recht einfach: Wenn man einen Punkt P in einiger Entfernung messen möchte, so peilt man von 2 Punkten (Station 1 und 2) aus diesen Punkt P an. Man misst die Winkel an diesen beiden Punkten. Wenn man nun den Winkelunterschied ausrechnet, kann man mithilfe der Winkelsätze die fehlenden Längen, in diesem Fall die Entfernung, ausrechnen. Diese Methode benötigt nur einfache mathematische Kenntnisse und kann so für Längen von wenigen Mikrometern bis hin zu Entfernungen von einigen Hundert Lichtjahren in unserer Milchstraße (Parallaxe) benutzt werden.
Die Parallaxe
Das Prinzip der Parallaxe ist, das gleiche wie bei der Triangulation, nur das hier der Durchmesser der Erdbahn als Basis genommen wird. Dadurch kann man wesentlich größere Entfernungen berechnen. Da die Entfernungen aber so gigantisch sind, ist der Winkelunterschied extrem gering (weniger als eine Bogensekunde!!!), sodass die Messungen sehr genau sein müssen. Messungen mit dem Satelliten HIPPARCOS sind nochmal um den Faktor 4 genauer als Messungen vom Erdboden aus.
Entfernungsmessung mit Hilfe von Cepheiden
Cepheiden sind eine Klasse von veränderlichen Sternen, bei denen sich die Leuchtkraft periodisch ändert. Mit Hilfe der Perioden-Leuchtkraft-Beziehung kann man auf die absolute Helligkeit schließen. Das so gewonnene Verhältniss aus Entfernung und Leuchtkraft wird dann, wie bei der Supernovae 1a, benutzt um die Entfernung weitere Objekte, zum Beispiel eine Galaxie, in der nähe des Cepheiden zu bestimmen.
Entfernungsmessung mit Hilfe von Supernovae Typ 1a
Da die Strahlung einer Supernova vom Typ 1a durch den radioaktiven Zerfall, von Nickel zu Cobalt und schließlich zu Eisen, gespeist wird, ist die Form der Lichtkurve stets gleich. Man beobachtet sie in fernen Galaxien und benutzt die Supernovae als Standardkerzen, um entfernte Galaxien im Universum relativ genau zu bestimmen. Man weiß welche absolute Helligkeit die Supernova haben muss und kann durch Vergleich mit der gemessenen Helligkeit die Entfernung ableiten.
Die Rotverschiebung
Unser Universum dehnt sich aus. Dadurch entfernen sich, wie bei einem Hefeteig mit Rosinen, die Galaxien voneinander. Auf Grund dessen werden die Lichtwellen, die von den Sternen oder Galaxien ausgesandt werden, auseinandergezogen, und das Lichtspektrum ins Rote verschoben. Die Rotverschiebung eines fernen Sterns oder einer ganzen Galaxie ist um so größer, je weiter das Objekt entfernt ist. Da man mittlerweile bei vielen Galaxien unterschiedliche Entfernungsbestimmungen (Supernovae Typ 1a oder Cepheiden) anwenden kann, kann man die jeweilige Rotverschiebung einer bestimmten Entfernung zuschreiben. Der Umrechnungsfaktor wird als Hubble-Konstante bezeichnet.
Quellen
Wikipedia
"Physik" von Karl Kolde
"Powers of Ten" (deutscher Buchtitel: "Zehn Hoch") von: Philip und Phylis Morrison und dem Studio von Charles und Ray Eames
"Der Bau des Universums" von: Peter von der Osten-Sacken
"Die Milchstraße" von: Nigel Henbest und Heather Couper
(Erstellt von Björn-Eric Reitz, Rheingymnasium Sinzig, unter Betreuung von Dr. Norbert Junkes)
ur 4/2013