100-m-Teleskop Effelsberg im weltweiten Netzwerk von Radioteleskopen

Größtes Radioteleskop Europas als Mitglied im eVLBI-Verbund begrüßt

21. November 2008
Das Max-Planck-Institut für Radioastronomie und weitere Mitglieder des EXPReS-Projekts (EXPReS = Expres Production Real-time e-VLBI Service) haben am Mittwoch, dem 21. November 2008 am Standort des Teleskops bei Bad Münstereifel-Effelsberg den Beginn der e-VLBI-Beobachtungen mit dem 100-m-Radioteleskop gefeiert.

Das Radioteleskop Effelsberg wurde zu Beginn diesen Jahres mit einer speziellen Hochgeschwindigkeits-Glasfaserleitung von 35 km Länge mit dem Institut in Bonn und dem Deutschen Hochgeschwindigkeits-Datennetz verbunden. Dadurch wird erstmals die Teilnahme an elektronischen "Very Long Baseline Interferometry"-Messungen in Echtzeit (e-VLBI) ermöglicht.

e-VLBI ist eine Beobachtungstechnik, bei der über große Entfernungen voneinander getrennte Radioteleskope gleichzeitig dieselbe Himmelsregion beobachten. Es werden Daten von jedem beteiligten Teleskop aufgezeichnet und über Hochgeschwindigkeits-Verbindungsleitungen zu einem zentralen Datenprozessor übermittelt. Dieser Prozessor, ein speziell konstruierter Supercomputer, entschlüsselt und korreliert die empfangenen Daten in Echtzeit für jede mögliche Teleskop-Kombination und erzeugt daraus Bilder von kosmischen Radioquellen, die bis zu 100mal schärfer aufgelöst sind als Bilder der besten optischen Teleskope.

Mit der Einweihung am Mittwoch, 21. November 2008 wird die Einbeziehung des größten und empfindlichsten Radioteleskops Europas in den elektronischen Verbund des europäischen Radioteleskop- Netzwerks EVN gefeiert. Das 100-m-Teleskop verdoppelt nahezu die Gesamtempfindlichkeit des e-VLBI-Netzwerks; dadurch wird der Nachweis auch sehr schwacher Quellen in kosmologischen Entfernungen möglich. Bereits seit April diesen Jahres hat das Radioteleskop Effelsberg an zahlreichen wissenschaftlichen Beobachtungen im e-VLBI-Verbund teilgenommen.

"Die Fertigstellung der Hochgeschwindigkeits-Glasfaserleitung stellt einen bemerkenswerten Erfolg dar und ermöglicht im Rahmenn des europäischen EVN-Netzwerks die Durchführung von e-VLBI-Experimenten für einen weiten Bereich von astrophysikalischen Quellen", sagt Prof. Dr. J. Anton Zensus, Direktor am Max-Planck-Institut für Radioastronomie. "Wir hoffen insbesondere darauf, solche Objekte untersuchen zu können, die plötzliche Helligkeitsschwankungen im Zerntralbereich zeigen, was auf die Wirkung von sehr massereichen Schwarzen Löchern schließen läßt."

"Die Fähigkeit, Daten in elektronischer Form zu übertragen und in Echtzeit miteinander zu verbinden, ermöglicht es den Astronomen, ihre Resultate bereits innerhalb weniger Stunden nach Durchführung der Beobachtungen zu erhalten, und nicht erst Wochen oder Monate später wie bei der klassischen Durchführung von VLBI-Beobachtungen mittels Aufzeichnung der Daten auf Festplatten und späteren Übersendung auf dem Postweg", erklärt Dr. Huib Jan van Langevelde, Direktor des "Joint Institute for VLBI in Europe" (JIVE), das den Korrelator für das Europäische VLBI-Netzwerk (EVN) betreibt. Und er fügt hinzu: "Wenn ein kurzlebiges astronomisches Ereignis wie z.B. eine Supernova-Explosion oder ein Gammastrahlungsausbruch entdeckt wird, können die Astronomen recht schnell mit einer darauf abgestimmten "Target of Opportunity"- (ToO) Beobachtung reagieren." Tatsächlich erfolgte die während der Veranstaltung angesetzte Demonstrationsbeobachtung nach entsprechender Information auf eine Kandidatenquelle für ein Schwarzes Loch, die sich in einem Strahlungsausbruch befand.

Die Eröffnungsveranstaltung schloss eine Reihe von Vorträgen ein, von Anton Zensus, Huib van Langevelde und Jean-Luc Dorel von der Generaldirektion "Informationsgesellschaft und Medien" der Europäischen Kommission (DG-INFSO). Den Teilnehmern wurde im Rahmen der Veranstaltung eine Live-Beobachtung einer astronomischen Quelle (Target of Opportunity - ToO) geboten, und ebenso eine Tour zum 100-m-Radioteleskop selbst.


e-VLBI (e-EVN): e-VLBI (e-EVN im Rahmen des Europäischen VLBI-Netzwerks EVN) ist eine Beobachtungstechnik, bei der Radioteleskope an unterschiedlichen Standorten zur gleichen Zeit die gleiche Region am Himmel erfassen. Die Daten von jedem Einzelteleskop werden aufgezeichnet und unmittelbar über schnelle Datenleitungen zu einem Zentralrechner verschickt. Dieser Zentralrechner, ein speziell ausgelegter Supercomputer, erfasst die Daten der Einzelbeobachtungen und korreliert sie für jede mögliche Teleskopkombination; dadurch werden Bilder von kosmischen Radioquellen erzeugt, die eine 100mal bessere Auflösung liefern als Bilder der besten optischen Teleskope. Das EXPReS-Programm entwickelt e-VLBI weiter, um die bisherige Praxis von VLBI-Beobachtungen mit der Datenspeicherung auf Festplatten mit hoher Speicherkapazität und den (postalischen) Versand dieser Festplatten zum Zentralrechner zu ersetzen. Durch elektronisch verbundene VLBI-Beobachtungen in Echtzeit wird der Versand der Rohdaten unnötig und die schnelle Erstellung von korrelierten Daten gewährleistet. Damit ist auch eine unmittelbare Erforschung plötzlich auftauchender astronomischer Ereignisse, so genannter "targets of opportunity", in Reichweite.

EXPReS: Das ist eine Abkürzung für "Express Production Real-time e-VLBI Service", ein über drei Jahre von der europäischen Kommission gefördertes Projekt zur Einrichtung eines über verschiedene europäische Forschungsinstitute reichenden astronomischen Beobachtungsinstruments von kontinentaler oder sogar interkontinentaler Größenordnung. Das elektronisch verbundene "Very Long Baseline Interferometer" (e-VLBI) wird auf der Grundlage von Hochgeschwindigkeits-Datenleitungen erreicht, mit denen einige der größten und leistungsfähigsten Radioteleskope der Erde buchstäblich in Echtzeit miteinander verbunden werden können. EXPReS setzt sich zusammen aus 19 radioastronomischen Forschungsinstituten und nationalen Forschungseinrichtungen in 14 Ländern, koordiniert durch JIVE, das "Joint Institute for VLBI in Europe".

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