SKA wird zur zwischenstaatlichen Organisation
Gründungsmitglieder unterzeichnen Abkommen für das Square Kilometre Array
Die am Projekt „Square Kilometre Array“ (SKA) beteiligten Länder sind heute in Rom zusammengekommen, um ein internationales Abkommen zu unterzeichnen, das die Gründung einer intergouvernementalen Organisation (IGO) zur Realisierung des größten Radioteleskops der Welt zum Inhalt hat. Die radioastronomische Forschergemeinschaft in Deutschland ist interessiert an einer Teilnahme am SKA-Projekt und beteiligt sich an Vorläuferprojekten wie dem gerade eröffneten MeerKAT-Radioteleskop in Südafrika.
Minister, Botschafter und andere hochrangige Vertreter aus mehr als 15 Staaten treffen sich in dieser Woche in der italienischen Hauptstadt zur Unterzeichnung eines Abkommens, mit dem das „Square Kilometre Array Observatory“ (SKAO) als zwischenstaatliche Organisation begründet wird, die für die Auslieferung und für den Betrieb des weltgrößten Radioteleskops SKA zuständig sein wird.
„Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Entsprechend werden der Entwurf, der Aufbau und schließlich der Betrieb des größten Teleskops der Erde jahrzehntelange Anstrengungen, Sachkenntnis, Innovation, Durchhaltevermögen und globale Zusammenarbeit erfordern. Heute haben wir den Grundstein dafür gelegt, um das SKA schließlich Wirklichkeit werden zu lassen“, sagt Dr. Catherine Cesarsky, die Vorsitzende des SKA Leitungsgremiums.
Das SKA wird in Zukunft die größte Wissenschaftseinrichtung auf der Erde darstellen, mit Infrastruktur, die sich über drei Kontinente auf Nord- und Südhalbkugel erstrecken wird. Seine beiden Beobachtungsnetzwerke mit Hunderten von Parabolspiegeln und Tausenden von Einzelantennen werden sich über Hunderte von Kilometern in Australien und Südafrika ausdehnen. Das Hauptquartier der Einrichtung hat seinen Sitz in Großbritannien.
„Es gibt nur eine geringe Anzahl von Schlüsseleinrichtungen zur Erforschung der Physik im 21. Jahrhundert“, erklärt Michael Kramer, der Leiter der Forschungsabteilung „Radioastronomische Fundamentalphysik“ im Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie. „Das SKA wird in einer Linie stehen mit dem James-Webb-Weltraumteleskop, dem Large Hadron Collider am CERN, sowie den LIGO/VIRGO-Gravitationswellendetektoren und der nächsten Generation riesiger optischer Teleskope wie dem ESO-ELT.“
Mit dem SKA wird es möglich sein, fundamentale Lücken im Verständnis des Universums zu schließen, es wird den Astronomen der beteiligten Länder die Erforschung von Gravitationswellen und Tests von Einsteins Relativitätstheorie unter extremen Bedingungen ermöglichen. Weitere Forschungsschwerpunkte umfassen die Natur der bisher rätselhaften schnellen Radiostrahlungsausbrüche (FRBs), die Entwicklung des Universums über Milliarden von Jahren, die Kartierung von Hundert Millionen von Galaxien sowie die Suche nach Anzeichen für Leben im Universum.
Die schnellsten Supercomputer der Erde werden erforderlich sein, um eine bisher unerreichte Fülle von Beobachtungsdaten verarbeiten zu können, wobei über 600 Petabyte (das sind 600 Billiarden oder 6 x 1017 Byte) pro Jahr gespeichert und an die weltweite Wissenschaftsgemeinde verteilt werden müssen. Diese Datenmenge entspricht der Speicherkapazität von mehr als einer halben Million Laptops.
Verträge in einer finanziellen Höhe von etwa 700 Millionen Euro zur Konstruktion des SKA werden ab Ende 2020 an Firmen und Anbieter in den Mitgliedsstaaten des SKA gehen und einen substantiellen Ausgleich für die investierten Mittel darstellen. Darüber hinaus sind Spinoff-Effekte aus Design und Aufbau des SKA zu erwarten. Auf der Basis der Designarbeiten wurden bereits Startup-Unternehmen gegründet, und es werden sich Auswirkungen weit über die Astronomie hinaus ergeben.
Über 1000 Ingenieure und Wissenschaftler aus 20 Ländern waren in den vergangenen fünf Jahren an den Designarbeiten für das SKA beteiligt. Neue Forschungsprogramme, Ausbildungsinitiativen und Kollaborationen in einer Reihe von Ländern haben begonnen, um die nächste Generation von Wissenschaftlern und Ingenieuren zu trainieren.
Die deutsche Forschergemeinschaft ist seit den 1990er Jahren an der Entwicklung des Projekts beteiligt. Das wurde mit der Erstellung einer Prototypantenne für den höheren Frequenzbereich am SKA fortgesetzt, die von der deutschen Industrie entwickelt wurde und erst kürzlich von der Max-Planck-Gesellschaft zum SKA-Standort in Südafrika verschickt wurde. Die Gemeinschaft trägt mit Unterstützung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung zu wissenschaftlichen Untersuchungen mit MeerKAT und der SKA/MPG-Prototypantenne bei.
Die „Denkschrift 2017“ beschreibt die Perspektiven der Astronomie in Deutschland für die Jahre 2017 bis 2030. „Wie in unserer aktuellen Denkschrift zusammengefasst, haben wir deutschen Astronomen die Beteiligung am SKA-Projekt als Projekt mit höchster Priorität gleich nach der Teilnahme am ESO-ELT und ALMA bezeichnet“, sagt Joachim Wambsganß vom Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH), der Vorsitzende des Rats deutscher Sternwarten.
Sieben Staaten werden das Abkommen heute unterzeichnen, und zwar Australien, China, Italien, Niederlande, Portugal, Südafrika und Großbritannien. Indien und Schweden, die ebenfalls an den multilateralen Verhandlungen zum Aufbau der SKA-Organisation als multinationaler Organisation teilgenommen haben, haben nun ein Jahr Zeit, das Abkommen ebenfalls zu unterzeichnen. Insgesamt bilden diese neun Staaten die Gründungsmitglieder der neuen Organisation.
Die Unterzeichnung des Abkommens vollendet dreieinhalb Jahre Verhandlungen von Regierungsvertretern und internationalen Anwälten und startet den gesetzgebenden Prozess in den Unterzeichnerstaaten. Die Square Kilometre Array Organisation (SKAO) als zwischenstaatliche Organisation tritt dabei in Kraft, sobald fünf Staaten inklusive der drei Betreiberstaaten das Abkommen durch ihre Gesetzgeber ratifiziert haben.
Ein spezielles Interesse der deutschen Forschergemeinschaft an diesem Projekt liegt in der Behandlung von großen Datenmengen („big data“). Aus diesem Grund haben die deutschen Partner die Absicht, einen „Verein für datenintensive Radioastronomie“ zu gründen. Die beteiligten Partnerinstitute umfassen unter anderem die HTW Berlin, die Universitäten Bielefeld und Bonn, die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, die TU Dortmund, die Universität Hamburg, das ZAH an der Universität Heidelberg, die Sternwarte Tautenburg, die Universität Würzburg und die Max-Planck-Gesellschaft.
„Die gesamte astronomische Gemeinde hat schon lange auf ein Radioobservatorium mit solch hervorragender Leistungsstärke auf der Südhalbkugel der Erde gewartet“, schließt Stefan Wagner vom ZAH an der Universität Heidelberg. „Die Gründung einer Organisation für den Aufbau und den Betrieb dieses Observatoriums ist ein entscheidender Schritt vorwärts. Wir als Astrophysiker in Deutschland sind sehr daran interessiert, beim SKA mitzumachen, das Einblicke ins Universum weit über die derzeit vorhandenen Möglichkeiten bieten wird.“