Leuchttürme im All

Pulsare sind faszinierende Himmelskörper mit interessanter Geschichte

3. November 2011
Pulsare gehören zu den exotischsten Objekten im Universum. Sie gleichen riesigen Atomkernen und drehen sich mit unvorstellbarer Geschwindigkeit um die eigene Achse. Diese kosmischen Leuchttürme markieren das Ende von massereichen Sonnen. In den 1930er-Jahren theoretisch vorausgesagt, wurden sie drei Jahrzehnte später von einer jungen Astronomin entdeckt – durch reinen Zufall.

Wie entstehen diese Pulsare? Wenn ein Stern mit mehr als acht Sonnenmassen seinem Ende entgegengeht, gerät sein Inneres aus dem Gleichgewicht. Nachdem in der letzten, kurzen Lebensphase in seinem Zentrum die Elemente Eisen und Nickel erzeugt wurden, kommen die Fusionsprozesse zum Erliegen. Der nach außen wirkende Strahlungsdruck nimmt ab, die nach innen wirkende Gravitation gewinnt die Oberhand. Schließlich die Katastrophe in Form einer Supernova: Während die äußeren Sternregionen ins All geschleudert werden, kollabiert der Kern. Liegt dessen Masse zwischen 1,4 und etwa drei Sonnenmassen, kommt der Kollaps zum Stillstand: Ein Neutronenstern entsteht.

Dabei verdichtet sich die Materie des toten Sternherzens so sehr, dass ein würfelzuckergroßes Stück auf der Erde Dutzende von Millionen Tonnen wiegen würde. Bei diesen extremen Dichten von 1011 bis 1012 Kilogramm pro Kubikzentimeter werden Protonen und Elektronen ineinander gequetscht und erzeugen Neutronen. Die Durchmesser dieser Gebilde liegen bei gut 20 Kilometer. Darüber hinaus müssen die Neutronensterne extrem glatte Oberflächen besitzen; die Berge erreichen nur eine Höhe von höchstens fünf Millimetern.

Schließlich rotieren die Neutronenkugeln schnell um ihre Achse, ähnlich einer Eiskunstläuferin, die mit angelegten Armen eine Pirouette dreht. Hier liegt auch das Geheimnis der Pulsare. Denn während die ausgebrannten Sterne rasend schnell rotieren – den Temporekord hält zurzeit ein Neutronenstern, der sich 716-mal in der Sekunde um seine Achse dreht –, werden geladene Teilchen entlang extrem starker Magnetfeldlinien beschleunigt und senden elektromagnetische Strahlung in verschiedenen Wellenlängenbereichen aus.

Diese Strahlung ist in Richtung der Magnetfeldachse kegelartig gebündelt. Dreht sich der Neutronenstern nun um seine Rotationsachse, die relativ zur Magnetfeldachse geneigt ist, so entstehen Lichtbündel, die – zwei Scheinwerferkegeln gleich – ihre Umgebung überstreichen. Treffen die Pulse auf die Erde, beobachten die Astronomen einen Pulsar. Im Sekunden- oder Millisekundentakt rotieren sie so präzise, dass sie als die zuverlässigsten Uhren gelten, die man sich vorstellen kann.

Mehr als 1700 Pulsare haben die Forscher bisher entdeckt. Allein in der Milchstraße verbergen sich schätzungsweise 500000. Die Himmelskörper leuchten nicht nur im Bereich der Radiowellen, wo sie Jocelyn Bell fand. Spezielle Instrumente frieren ihr Zucken ein und machen die Pulse im optischen Teil des Spektrums sichtbar. Und heute kennen die Forscher auch Röntgen- und Gammapulsare. Selbst wenn sich nicht alle Pulsare in allen Frequenzbereichen beobachten lassen, gehen die Wissenschaftler davon aus, dass sie über das gesamte Spektrum verteilt Energie abstrahlen. Die zugrunde liegenden Mechanismen sind aber noch nicht vollständig verstanden.

Einer Theorie zufolge werden die energieärmeren Radiowellen an den Magnetfeldpolen zu einem engeren Lichtkegel gebündelt als das hochenergetische Gammalicht. Nun wird aber die meiste Strahlung entlang der Kegelhülle emittiert. Da die Kegel in diesem Modell je nach Art der Strahlung unterschiedlich stark aufgefächert sind, verlassen Radio- und Gammastrahlung den Pulsar in unterschiedliche Raumrichtungen. Daher sieht ein Beobachter auf der Erde entweder einen Gamma- oder einen Radiopulsar.

So geben die Pulsare noch 44 Jahre nach ihrer Entdeckung Rätsel auf. Für Zündstoff in der Wissenschaftlergemeinde haben sie auch in anderer Weise gesorgt: Anthony Hewish erhielt 1974 den Physik-Nobelpreis. Die wahre Entdeckerin Jocelyn Bell ging leer aus.

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