Das Universum als Physiklabor

18. Oktober 2010

Unsere kosmischen Ursprünge untersuchen Astronomen anhand der Strahlung, die Sterne und Galaxien seit dem Urknall ausgesandt haben. Noch entziehen sich 96 Prozent des Universums der Beobachtung, weil sie aus unsichtbaren Formen von Materie und Energie bestehen. Neuartige Teleskope und Gravitationswellendetektoren werden diese Rätsel lösen helfen.

Zu den faszinierendsten Objekten der Astronomen gehören die Schwarzen Löcher. Diese extrem massereichen Objekte finden sich in den Zentren der meisten Galaxien – auch in unserer Milchstraße8. Sie verhalten sich wie kosmische Vielfraße, verschlucken umgebende Sterne und lassen nicht einmal Licht aus ihrem Umkreis entkommen. Teilchen in sicherer Entfernung können sie hingegen auf Energien beschleunigen, die kein irdischer Teilchenbeschleuniger je erreichen wird9. Treffen diese Partikel dann auf unsere Messinstrumente, können wir diese nutzen, um mehr über die physikalischen Bedingungen an ihren Ursprungsorten herauszufinden.

NEUE FORSCHUNG, NEUE FRAGEN

Auch die ersten Gravitationswellendetektoren wurden schon gebaut10. Sie fahnden nach wellenartigen Erschütterungen der Raumzeit, zu denen es etwa kommt, wenn zwei Schwarze Löcher miteinander verschmelzen. Der direkte Nachweis dieser Wellen steht zwar noch aus, doch weitere Verbesserungen an den Interferometern GEO-600 (Deutschland), LIGO (USA) und VIRGO (Italien) sowie das geplante Einstein-Teleskop und das Weltrauminterferometer LISA werden uns Schlüsselbereiche des Gravitationswellenspektrums eröffnen. Dann lässt sich vielleicht sogar das Kräuseln der Raumzeit nachweisen, das durch den Urknall selbst ausgelöst wurde.

>> Astronomen errichten neuartige Teleskope und erschließen mit Gravitationswellendetektoren ein neues Beobachtungsfenster, um offene Fragen zum Universum zu beantworten

Auch zu anderen Vorhaben schließen sich Wissenschaftler vieler Länder zusammen: etwa für das neuartige europäische Radioteleskop LOFAR, das seit 2010 nach der ersten Sterngeneration im Universum sucht, für die Planck-Mission, die den kosmischen Mikrowellenhintergrund kartiert, oder das Very Large Telescope in Chile, dessen Infrarotaugen in die von Staub verhüllten Zen­tren ferner Galaxien blicken. Das »zweiäugige« Large Binocular Telescope in den USA wird unterdessen die großräumige Entwicklung des Universums untersuchen, während andere Teleskopsysteme und Satelliten nach den energiereichsten Vorgängen im Universum fahnden. Mit jedem Tag der Forschung wächst somit unser Wissensstand – und die Zahl der offenen Fragen.

Ursprung, Struktur und Eigenschaften des Kosmos gehören zu den Schlüsselthemen der astronomischen Institute der Max-Planck-Gesellschaft. Am Max-Planck-Institut für Astrophysik simulierten Forscher die Entwicklung des Universums in Gestalt eines Zeitrafferfilms und verglichen die Ergebnisse mit den Beobachtungen im All. Dabei zeigte sich unter anderem die Verteilung der rätselhaften Dunklen Materie und wie diese sich im Umfeld von Galaxien und Ga-laxienhaufen zusammenballt (Springel, V. et al., Nature 435, 39, 2005).

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