Hintergrund

Weiterführende Informationen zum Rekord-Pulsarsystem, der neuen Suchmethode und zum NASA-Satelliten Fermi.

Das Rekord-Pulsarsystem auf einen Blick

Der Pulsar J1311-3430…

  • dreht sich 390,57-mal in der Sekunde um die eigene Achse,
  • hat ein Oberflächenmagnetfeld von rund 230 Millionen Gauß, das entspricht fast dem 500-Millionenfachen des irdischen Magnetfelds (rund 0,5 Gauß),
  • ist der erste Millisekundenpulsar, den Wissenschaftler allein anhand seiner gepulsten Gammastrahlung entdeckten,
  • umrundet den Schwerpunkt des Doppelsternsystems auf einer fast perfekt kreisförmigen Bahn in nur 93 Minuten, der kürzesten bekannten Umlaufzeit aller Pulsare in Doppelsternsystemen,
  • läuft mit einer Geschwindigkeit von mindestens rund 13.000 Kilometern pro Stunde auf seiner Bahn.

Der Begleitstern…

  • hat maximal einen Durchmesser von 88.000 Kilometern, das entspricht rund 60 Prozent der Größe des Planeten Jupiter,
  • hat eine Masse, die mindestens der achtfachen Jupitermasse entspricht,
  • ist im Mittel 45-mal so dicht wie Wasser und 30-mal so dicht wie die Sonne,
  • läuft auf einer fast perfekten Kreisbahn um den gemeinsamen Schwerpunkt mit einer Geschwindigkeit von bis zu 2,8 Millionen Kilometer pro Stunde,
  • ist stets nur rund 520.000 Kilometer von seinem Begleiter entfernt, das entspricht der 1,4-fachen Entfernung von Erde und Mond, 
  • wird aufgrund der großen Nähe von der starken Strahlung des Pulsars erhitzt und langsam verdampft.


Die neue Suchmethode

Um einen Gammapulsar eindeutig zu identifizieren, müssen seine Eigenschaften genau bekannt sein. Nur so lässt sich für jedes einzelne registrierte Gammaphoton bestimmen, zu welchem Rotationszeitpunkt es vom Pulsar ausgesandt wurde. Und nur dann lässt sich die periodische Modulation in den Ankunftszeiten der Photonen zweifelsfrei nachweisen. Im Allgemeinen sind die Pulsareigenschaften wie Himmelsposition, Drehfrequenz und deren Änderung sowie die Bahnparameter des Doppelsternsystems unbekannt.

So müssen die Forscher in einer Blindsuche viele mögliche Kombinationen dieser Eigenschaften überprüfen. Würden die Wissenschaftler gleich das gesamte vier Jahre umfassende Paket der Fermi-Daten durchsuchen, so wären die Anzahl der möglichen Kombinationen und der notwendige Rechenaufwand so groß, dass die Aufgabe nicht zu bewältigen wäre.

Mit der neuen Suchmethode wird die Gesamtdatenmenge in kürzere, zeitlich überlappende Datenstücke zerlegt. Jedes dieser Stücke kann nun einzeln durchsucht werden, die Einzelergebnisse werden dann in optimaler Weise miteinander kombiniert. Im Gesamtergebnis ist die Suche fast genauso empfindlich wie eine über das vollständige Datenpaket in einem Stück. Findet sich bei einer Parameterkombination ein verdächtiges Signal, lässt sich nun die Gesamtdatenmenge mit dieser Kombination sehr schnell überprüfen.

Entscheidend für die Suche ist, die Parameterkombinationen geschickt zu verteilen, sodass ein mögliches Signal mit größter Wahrscheinlichkeit gefunden wird und andererseits keine überflüssigen Berechnungen ausgeführt werden. Die neue Suchmethode verwendet daher einen Algorithmus, der die Parameterkombinationen – auch Gitterpunkte genannt – adaptiv verbessert, um die optimale Abdeckung des gesamten Parameterraums bei kleinstmöglichen Rechenkosten zu erzielen. „Unser Verfahren verteilt die Gitterpunkte zuerst rein zufällig. Danach überprüft der Algorithmus, ob die Punkte zu dicht liegen und verschiebt sie gegebenenfalls“, sagt Henning Fehrmann vom AEI.


Pulsare und das Weltraumobservatorium Fermi

Pulsare sind kompakte Neutronensterne, geboren in Supernova-Explosionen, die schnell und gleichmäßig um ihre Achse rotieren. Durch ihr intensives Magnetfeld strahlen sie kegelförmig Radiowellen oder Gammaphotonen ab. Ihre Rotation schwenkt die Kegel wie den Scheinwerfer eines Leuchtturms durchs All. Zielt der Neutronenstern dabei in Richtung Erde, so ist er als Pulsar sichtbar.

Nicht immer zeigt sich ein Pulsar gleichzeitig in mehreren Spektralbereichen, in einigen Fällen messen die Wissenschaftler nur das Blinken als Radiopulsar, in anderen lassen sich lediglich die periodischen Ankunftszeiten von Gammaphotonen registrieren. Vermutete Ursachen sind die unterschiedliche Lage der Abstrahlungsgebiete im extrem starken Magnetfeld des Neutronensterns und seine räumliche Orientierung zur Erde.

Befindet sich der Pulsar nach seiner Entstehung in einem Doppelsternsystem, so kann er von seinem Begleiter im Verlauf von dessen Entwicklung Materie aufsammeln. Diese überträgt Drehimpuls auf den Pulsar und beschleunigt ihn so zu höheren Drehfrequenzen. Dieser Vorgang wird als „Recycling“ von Pulsaren bezeichnet und erklärt die Entstehung von Millisekundenpulsaren, die sich mehrere hundert Mal pro Sekunde um die eigene Achse drehen.

Bisher fanden Astronomen die meisten Pulsare im Radiowellenbereich, doch dank des NASA-Satelliten Fermi spüren sie zunehmend viele dieser Himmelskörper anhand ihrer hochenergetischen Gammastrahlen auf. Fermi beobachtet seit 2008 mit seinem Large Area Telescope (LAT) das Universum im Gammabereich und hat dabei hunderte neuer Quellen entdeckt, hinter denen sich viele vermutlich bisher unerkannte Pulsare verbergen.

KNI / ME / HOR

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