Stellare Periodizitäten
(Schülerpraktikumsprojekt von Anna Sievert aus dem Jahr 2004)
Die Sonne, ihre Flecken und ihr Aktivitätszyklus
Seit Jahrhunderten beobachten Astronomen, dass auf der Sonne immer wieder Flecken auftauchen und wieder verschwinden. Spektroskopische Untersuchungen enthüllten schließlich, dass sich durch diese Flecken enorme magnetische Felder ihren Weg an die Oberfläche bahnen, Felder die um ein 1000 -faches stärker sind als das irdische Magnetfeld.
Wie Schleifen treten diese magnetischen Felder aus einem Fleck heraus und in einen zweiten wieder herein, verbinden diese beiden so zu einer bipolaren Gruppe, die einem Stabmagneten ähnelt.
Die dunkle Fleckenfärbung läßt sich dadurch erklären, dass die starken austretenden Magnetschleifen die Konvektionsströmungen des heissen Gases unterdrücken, die die produzierte Energie aus dem Inneren an die Oberfläche bringen. Dadurch sind diese Flecken 2000 Grad kühler als die restliche Oberfläche (4000 anstatt 6000 Grad) und somit erscheinen die Flecken auch dunkler. Würde man sie allein sehen, würde man feststellen, dass sie nicht schwarz, sondern tatsächlich orange-rötlich sind.
Man stellte fest, dass die Flecken polwärts wanderten und dass ihre Häufigkeit mit einem 11-jährigen Zyklus schwankte. Ihren Anfang nehmen sie bei ungefähr 40 Grad Breite, im Laufe des Zyklus wandern sie dann polwärts, um dort schließlich zu verschwinden.Die späteren Flecken tauchen immer näher am Äquator auf und machen sich dann auf den gleichen Weg. Diese Bewegung findet regelmäßig statt und ist die sichtbare Erscheinung des 11-jährigen Sonnen-Aktivitätszyklusses, der eine komplette Umpolung des Magnetfeldes bewirkt.
Man erklärt sich das durch den sogenannten Dynamo-Effekt.
Da die Sonne nicht überall gleich schnell rotiert, am Äquator am schnellsten und an den Polen am langsamsten, wickeln sich die Felder eng um die Sonne (Fig. 1, b und c), bis sie sich zu entwirren versuchen und einzelne aus der Konvektionszone (äußerste Zone) austreten und als Sonnenfleckenpaare sichtbar werden (d). Der erste Fleck solch einer bipolaren Gruppe ist gleich gepolt wie der Pol der Hemisphäre, in der er sich befindet, der nachfolgende genau umgekehrt. Genau dieser zweite ist es, der als erster den Pol erreicht und dessen Polarität sich dort umkehrt, wobei das Feld am Pol geschwächt wird. Immer mehr Flecken entstehen je weiter der Zyklus voranschreitet und infolgedessen wird das ganze magnetische Feld umgepolt (e) und ein neuer Zyklus beginnt.
Somit dauert ein vollständiger Zyklus 22 Jahre.
Doch man ist sich sicher, dass es noch einen zweiten Zyklus gibt, der den ersten überlagert und ein- bis zweihundert Jahre dauert. Er beschreibt eine Sonnenfleckenanomalie, die als Maunder-Minimum bekannt ist. Sie wurde entdeckt, als Wissenschaftler feststellten, dass eine merkwürdige Ruhephase der Sonnenflecken, in der es nämlich viel weniger Sonnenflecken als üblich gab, genau mit der "kleinen Eiszeit" in Europa zusammenfiel.
Diese Erkenntnis wurde lange Zeit nicht beachtet. Man bezweifelte, dass früher die Sonnenflecken korrekt gezählt worden seien, doch schließlich gab es weitere Faktoren, die ein Maunder-Minimum bestätigten.
Man stellte fest, dass die in Jahresringen von Bäumen gespeicherte Menge an 14C während der "kleinen europäischen Eiszeit" von 1645 bis 1715 (die heute als Maunder-Minimum bekannt ist) angestiegen war.
14C ist ein radioaktives Element, welches sich in der oberen Atmosphärenschicht durch Stickstoff, der von Partikeln kosmischer Strahlung getroffen wird, bildet. Durch den Sonnenwind werden wir teilweise von kosmischer Strahlung abgeschirmt und so entsteht weniger 14C. Ein Anstieg dieses Elementes beweist also einen schwächeren Sonnenwind und damit eine Sonne in Ruhephase, eine Zeit mit geringerer magnetischer Aktivität, eben das Maunder-Minimum.
Aber wie lässt sich dieses Phänomen einer weniger aktiven Sonne erklären? Den ersten Zyklus konnte man durch den Vergleich mit einem Stabmagneten und dem Dynamoeffekt erklären. Dieser zweite viel längere Zyklus lässt sich nur erklären, wenn man zu dem Dipol noch einen Quadropol hinzunimmt.
Wenn die beiden Feldkomponenten gleich stark sind, dann würden die Feldlinien derart auseinander gezogen dass sie sich vollständig kompensieren.
Da bewiesen ist, dass sechs bis sieben Maunder-Minima in den letzten 5000-6000 Jahren mit kühleren Phasen auf der Erde zusammenfielen, kann man sagen, dass der Aktivitätszyklus der Sonne auf die Erde einen starken Einfluss ausübt. Auch ist der reguläre Aktivitätszyklus eng mit den mittleren Temperaturen der Erde verbunden.
Ob es noch weitere Einflüsse gibt, ist schwer zu sagen, viele Verbindungen werden stark durch den "Treibhauseffekt" verwischt.
Doppelsternsysteme
Wie schon bei der Sonne erklärt, durchlaufen Sterne also Zyklen, die durch einen Dynamo-Prozess entstehen. Besonders RS CVn- und TTauri - Systeme erwecken da die Aufmerksamkeit: Das sind Doppelsternsysteme mit besonders starker Aktivität im X-, UV- und Radiobereich. Durch ihre höhere Rotationsgeschwindigkeit und ihre tiefere Konvektionszone haben sie eine viel größere Aktivität als unsere Sonne und dadurch eine höhere Dynamoeffizienz. Diese Sternsysteme haben keine geringe Fleckenverteilung (von nur 1% auf der gesamten Sternoberfläche wie bei der Sonne), sondern wenige große Flecken, die 20% oder mehr der Oberfläche ausmachen. Auch sind diese Flecken nicht in Äquatornähe zu finden, sondern verstärkt an den Polen.
Genauso wie in unserer Sonnne, wo das Hervortreten der Schleifen (englisch "loops") auf den Äquatorbereich begrenzt ist, scheinen in diesen schnell rotierenden Systemen die Loops dazu zu tendieren, immer im gleichen Bereich zu erscheinen. Diese kontinuierliche Interaktion zwischen den verschiedenen Loops, die zu verschiedenen Zeiten im gleichen Bereich auftauchen, d.h. ein auftauchender Loop kollidiert mit einem bereits existierenden Loop, erzeugt das energetische Phänomen (genannt "Flares") (Fig. 3). Dieser Ausbruch von Energie ist im Radiobereich erkennbar und somit mit einem Radioteleskop messbar.
Aufgrund der hohen Aktivität im Radiobereich lassen sich mit dem 100-m Radioteleskop in Effelsberg an diesen Sternen präzise Messungen vornehmen. So begann das Team des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie in Bonn mit einer Langzeituntersuchung am 50 pc entfernten UX Arietis, einem Doppelsternsystem, welches besonders aktiv im Radio-Bereich strahlt. Durch die große Nähe der zwei Sterne vom Typ G5 und K0 entsteht eine starke Gezeitenreibung, die zu einer gebundenen Rotation geführt hat, wodurch die Umlaufperiode von 6,4 Tagen gleich der Rotationsperiode der Einzelsterne ist.
Das Team fand einen Zyklus von 25,5 und 52 Tagen, der von einem längeren Zyklus von 158 Tagen überlagert ist. Da UX Arietis einen Zyklus von Tagen anstatt Jahren hat, fällt es so viel leichter Daten zu sammeln, die man braucht um den Dynamo-Prozess, Loop-Entstehung und Loop-Interaktion besser verstehen zu lernen. Vor kurzem veröffentlichte eine Gruppe aus der Pensylvania State University dreijährige Messungen mit einem anderen Radioteleskop und hat diese Periodizitäten bestätigt.
Neben dieser Langzeituntersuchung wurden auch drei Mesungen mit dem VLBA (Very Large Baseline Array), einem Zusammenschluss von mehreren viele tausend Kilometern voneinander entfernten Radioteleskopen, gemacht. Eine damit durchgeführte VLBI-Messung (Very Large Baseline Interferrometry) besitzt eine hohe Bildschärfe. Aber die Strukturen, die man beobachtete, ließen sich mit den bekannten Modellen von kleinen Loops, wie auf der Sonne (Fig. 3), nicht vollständig erklären. Also zog man optische und radioastronomische Beobachtungen heran und entwickelte ein neues Modell (Fig. 4) mit zwei riesigen magnetischen Loops die aus den riesigen Flecken entstehen. Die Loops sind fest auf einem der Sterne verankert, dem K0 Stern, der einzige aktive im UX Arietis System. Die Interaktion zwischen den Loops verursacht die Flares.
Wie die Loops auf einem einzigen Stern miteinander kollidieren können, so können gigantische Loops von einem Stern auch mit denen des Partnersterns kollidieren, wenn auch der Partnerstern aktiv ist und ein System von Loops, so genannten "Coronae", besitzt. In diesem Fall gibt es mehrere Möglichkeiten, wie Flares entstehen. Dies wurde wiederum mit dem Effelsberger 100-m Teleskop am V773-Tauri System bestätigt.
ur 3/2013