Grenzübergreifende Radioastronomie

Unterzeichnung des Vertrags zur Errichtung der ersten deutschen LOFAR-Station neben dem 100-m-Radioteleskop Effelsberg

4. Dezember 2006
Im Dezember 2006 ist ein weiterer wichtiger Schritt zur Erweiterung des Radiofensters zum Weltall erfolgt. LOFAR (Low Frequency Array), ein neuartiges Radioteleskop für kosmische Meter-Wellen wird in einigen Jahren das größte Teleskop der Welt sein. Am 4. Dezember um 11:30 Uhr wurde im Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) der Vertrag über Errichtung und Betrieb der ersten deutschen LOFAR-Station für Niederfrequenz-Radioastronomie unterzeichnet. Für das MPIfR hat Prof. Dr. Anton Zensus, der geschäftsführende Direktor des Instituts, unterzeichnet, von niederländischer Seite aus Ir. Jan Reitsma (LOFAR-Stiftung), Drs. Joris van Enst (wissenschaftlicher Direktor LOFAR) und Prof. Dr. Harvey Butcher (Direktor ASTRON).

LOFAR stellt ein neuartiges Konzept für ein Radioteleskop dar. Während klassische Radioteleskope - wie Satellitenschüsseln - die Strahlung mit Metallspiegeln aufsammeln und computergesteuerte Motoren das Teleskop entlang der scheinbaren Bahn einer Radioquelle am Himmel bewegen, ist LOFAR das erste digitale Radioteleskop, das keine beweglichen Teile und Motoren mehr benötigt. Das Teleskop besteht aus einer großen Zahl von Antennen, die fest am Boden montiert und in Stationen (Antennenfeldern) angeordnet sind. Damit wird der gesamte sichtbare Himmel auf einmal erfasst. Die Blickrichtung und die Größe des Gesichtsfeldes werden elektronisch gesteuert. Ein zentraler Supercomputer nimmt die digitalen Signale aller Antennen auf und kombiniert sie. LOFAR kann in mehrere Richtungen gleichzeitig "sehen", also mehrere Astronomen-Teams mit Daten versorgen.

Um mit LOFAR eine Winkelauflösungen besser als eine Bogensekunde zu erreichen, ist die Erweiterung des Teleskops über die Größe der Niederlande nach Deutschland und die Verbindung mit modernsten Datenleitungen erforderlich. Das gemeinsame Ziel ist dabei der Aufbau von Stationen aus Antennen, die im Verbund mit weiteren Stationen in den Niederlanden das neue Radioteleskop LOFAR bilden.

LOFAR ist erstmals in der Lage, langwellige Radiostrahlung von Wasserstoffgas aus der Frühzeit des Universums zu messen, die durch die Expansion des Kosmos von ursprünglich 21cm auf etwa die zehnfache Wellenlänge "auseinander gezogen" wurde. Langwellige Radiostrahlung stammt außerdem von Elektronen, die sich in Magnetfeldern bewegen. Die deutschen Wissenschaftler möchten daher mit LOFAR auch Magnetfelder in Milchstraßensystemen und in der Umgebung Schwarzer Löcher beobachten. Planeten in anderen Sonnensystemen können ebenfalls durch ihre langwellige Radiostrahlung aufgespürt werden. Auch die Radiostrahlung von Eruptionen auf der Sonne lässt sich mit LOFAR mit einer bislang unerreichten Präzision verfolgen, und damit kann der Einfluss der Sonne auf unsere Zivilisation besser verstanden werden.

Der am 4. Dezember 2006 unterzeichnete Vertrag beinhaltet Zusammenarbeit und technologische Entwicklung beim Betrieb einzelner LOFAR-Stationen in Verbindung mit einem Netzwerk schneller Datenleitungen, den Aufbau einer LOFAR-Station am Standort Effelsberg und die gemeinsame Nutzung der Daten und Meßergebnisse. Die gemeinsamen Interessen der Partner umfassen weiterhin die Erforschung innovativer Technologien und Rechnerarchitekturen sowie Entwicklung und Betrieb von Sensor-Netzwerken, z.B. für Meteorologie und Geophysik, über große räumliche Entfernungen.

Die Effelsberger LOFAR-Station soll 2007 in Betrieb gehen. Ende 2007 sollen dann erste gemeinsame Beobachtungen mit der ersten Station in den Niederlanden stattfinden. Neben der ersten deutschen LOFAR-Station in Effelsberg ist die Finanzierung zweier weiterer deutscher LOFAR-Stationen bei Garching und Potsdam bereits gesichert und weitere Anträge sind gestellt. "Das Max-Planck-Institut für Radioastronomie nimmt mit dem Bau der ersten deutschen LOFAR-Station eine Vorreiterrolle in Deutschland ein, und beteiligt sich damit maßgeblich an einem höchst zukunftsträchtigen astronomischen Projekt", sagt Prof. Dr. Anton Zensus. Das Ziel sind 12 deutsche Stationen bis zum Jahr 2012. Zusammen mit den niederländischen Stationen wird LOFAR die größte vernetzte Teleskopanlage der Welt sein.

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