Entwicklung kompakter Doppelsternsysteme

Wechselwirkungen zwischen einem Stern, seinem Begleitstern oder einem Stern-Überrest (Neutronensterne, Weiße Zwerge und Schwarze Löcher) bieten hervorragende astrophysikalische Laboratorien, um fundamentale Kräfte sowie die Bildung von superdichter Materie und ihren Eigenschaften zu erforschen und unser Verständnis darüber zu erweitern. Die Entwicklung von Doppelsternsystemen spielt eine zentrale Rolle in der modernen Astrophysik, angefangen von den Vorläufersternen der Supernova-Explosionen bis hin zu den Quellen der Gravitationswellen; zum Beispiel Kollisionen zwischen Neutronensternen und Schwarzen Löchern oder Gammastrahlen-Blitze, die heftigsten und energiereichsten bekannten Ereignisse im Universum.

Eine neue Klasse von Radiostrahlungsausbrüchen unbekannten Ursprungs ist möglicherweise mit diesen Ereignissen verknüpft. Neutronensterne in Doppelsystemen können Materie aufsaugen (Akkretion) und Röntgendoppelsterne werden. Ein Millisekunden-Pulsar kann entstehen, wenn die Rotation des Neutronensterns durch die Zunahme von Masse und Drehimpuls beschleunigt wird. Die Eigenschaften der Sterne und ihrer Bahnen geben Aufschluss über die Entwicklungsgeschichte des Systems. Daher sind Millisekunden-Pulsare in Doppelsternsystemen die Schlüssel zum Verständnis der stellaren Astrophysik, der dort wirkenden Kräfte und Wechselwirkungen der stellaren Materie. Die Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe „Stellarphysik” von Prof. Langer am Argelander-Institut für Astronomie der Universität Bonn bietet eine einmalige Kombination von Expertise in Theorie und Beobachtung, um Doppelsternsysteme als Laboratorien für Experimente der Fundamentalphysik zu nutzen.

Pulsar-Recycling

Millisekunden-Pulsare sind das Bindeglied zwischen der Entwicklung massereicher Sterne, Doppelsternen, Röntgenastronomie und Gravitationswellen. Während der Beschleunigungsphase der Rotation ist das Doppelsystem hell im Röntgenbereich, als Folge von Plasmaheizung beim Einsturz zum Neutronenstern. Die Physik der Bildung von Millisekunden-Pulsaren ist nur unzureichend verstanden, z.B. der Wirkungsgrad der Akkretion, der Zerfall der Magnetfelder des Neutronensterns, die Entwicklung der gemeinsamen Gashülle und der Impuls, den der Neutronenstern bei der Supernova-Explosion erhält. Eines unserer Forschungsgebiete widmet sich der Physik der Akkretion. Wir versuchen, den „Gleichgewichts-Spin”, die Massen beider Sterne am Ende der Entwicklung und das Alter des beschleunigten Pulsars zu erklären. Wir konnten zeigen, dass ein Neutronenstern am Ende der Akkretionsphase durch Bremskräfte mehr als 50% seiner Rotationsenergie verliert. Dieser Effekt könnte den Unterschied in der beobachteten Verteilung der Rotationsperioden zwischen Millisekunden-Pulsaren im Röntgen- und Radiobereich erklären.

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