Detaillierte Struktur eines weit entfernten Quasars

Erstes hochaufgelöstes Bild mit dem Niederfrequenz-Radioteleskop LOFAR

1. Juni 2010
Das Max-Planck-Institut für Radioastronomie (Bonn) und das Max-Planck-Institut für Astrophysik (Garching) betreiben beide eine Station des europäischen LOFAR-Teleskops, das vom niederländischen Institut für Radioastronomie, ASTRON, koordiniert wird. Durch die erstmalige Zusammenschaltung von drei deutschen LOFAR-Stationen mit den zentralen Stationen bei Exloo in den Niederlanden ist es einer internationalen Gruppe von Wissenschaftlern unter der Leitung von Olaf Wucknitz vom Argelander-Institut für Astronomie (AIfA) der Universität Bonn nun gelungen, das erste hochaufgelöste Bild eines weit entfernten Quasars bei Radiowellen im Meter-Bereich zu erhalten. Dieser Wellenlängenbereich war bisher für derart detailgenaue Messungen nicht zugänglich, da dafür Radioteleskope in großem gegenseitigen Abstand miteinander vernetzt werden müssen. Das erste Bild der detaillierten Struktur des Quasars 3C 196 zwischen 4 und 10 m Wellenlänge konnte bereits mit einem kleinen Teil der Stationen des kompletten LOFAR-Netzwerks erzielt werden; später wird es sich über einen ausgedehnten Bereich Europas erstrecken.

Nach Testmessungen mit einzelnen LOFAR-Antennen konnten erstmals acht Stationen des "LOw Frequency ARrays" (LOFAR) für eine gemeinsame Messung zusammengeschaltet werden. Dazu wurden fünf LOFAR-Stationen in den Niederlanden mit drei Stationen in Deutschland vernetzt, und zwar Effelsberg bei Bonn, Tautenburg bei Jena und Unterweilenbach bei München. Alle Antennen wurden auf den Quasar 3C 196 ausgerichtet, eine starke Radioquelle in einer Entfernung von mehreren Milliarden Lichtjahren. "Wir haben dieses Objekt für unsere ersten Testmessungen ausgewählt, weil wir seine Struktur aus hochaufgelösten Beobachtungen bei kürzeren Wellenlängen schon ganz gut kennen", sagt Olaf Wucknitz (AIfA). "Das Ziel dabei war zunächst nicht, etwas Neues zu finden, sondern die gleichen oder zumindest ähnliche Strukturen auch bei sehr langen Wellenlängen zu identifizieren, um zu bestätigen, dass das neue Instrument exzellent arbeitet. Ohne die deutschen Stationen sehen wir nur einen verschwommenen Fleck ohne jegliche Substrukturen. Sobald wir aber die langen Basislinien dazufügen, eröffnen sich alle Details."

Radiobeobachtungen des Himmels in dem von LOFAR abgedeckten Wellenlängenbereich sind nicht gänzlich neu. Tatsächlich haben die Pioniere der Radioastronomie in den 1930er Jahren genau in diesem Bereich angefangen. Sie waren jedoch nur in der Lage, ziemlich grobe Himmelskarten zu erstellen und Positionen sowie Strahlungsintensitäten einzelner Objekte festzulegen. "Wir kehren jetzt zu einem lange vernachlässigten Wellenlängenbereich zurück", sagt Michael Garrett, Generaldirektor des Forschungsinstituts ASTRON (Niederlande), das für das internationale LOFAR-Projekt verantwortlich zeichnet. "Aber jetzt sind wir in der Lage, viel schwächere Objekte nachzuweisen und, was noch wichtiger ist, feine Details aufzulösen. Das eröffnet eine Reihe von neuen Möglichkeiten für die Forschung."

"Die hohe Auflösung und große Empfindlichkeit von LOFAR bedeuten, dass wir wirklich Neuland betreten; die Analyse der Daten war auch entsprechend aufwendig", fügt Olaf Wucknitz hinzu. "Wir mussten dazu eine Reihe völlig neuer Analysetechniken entwickeln. Trotzdem ist die Erstellung der Bilder bemerkenswert gut gelungen. Die Qualität der Daten ist erstaunlich." Der nächste Schritt für Wucknitz wird sein, LOFAR zur Untersuchung sogenannter Gravitationslinsen zu nutzen, bei denen das Licht weit entfernter Objekte durch große Massenansammlungen verzerrt wird. Eine hohe Auflösung ist erforderlich, um einzelne Strukturen zu unterscheiden. Das wäre ohne die internationalen LOFAR-Stationen nicht möglich.

Die Winkelauflösung eines Netzwerks von Radioteleskopen, d.h. die Ausdehnung der kleinsten Strukturen, die aufgelöst und voneinander unterschieden werden können, hängt direkt vom Abstand zwischen den einzelnen Teleskopen ab. Je größer die Basislinien in Bezug auf die beobachtete Wellenlänge der Strahlung, desto besser die erreichte Auflösung. Zur Zeit tragen die deutschen LOFAR-Stationen die ersten großen Basislinien zum gesamten Netzwerk bei und vergrößern die Auflösung um einen Faktor 10 gegenüber einer Nutzung allein der niederländischen Stationen.

"Wir möchten LOFAR dazu verwenden, nach Signalen aus der Frühzeit des Universums zu suchen", sagt Benedetta Ciardi vom Max-Planck-Institut für Astrophysik (MPA) in Garching. "Da ich selbst aus der theoretischen Astrophysik komme, hätte ich nie gedacht, dass ich mal ein Radiobild so aufregend finden könnte. Aber die neuen Ergebnisse sind schon faszinierend."

Eine weitere Verbesserung sollte schon bald durch Beobachtungen bei etwas kürzeren Wellenlängen erreicht werden, durch die die Auflösung nochmals um einen Faktor 4 gesteigert werden kann. Dazu wird sich die Qualität der Abbildungen durch die Hinzunahme weiterer LOFAR-Stationen deutlich verbessern. Das Bild des Quasars 3C 196 ist nur ein erster, wenn auch wichtiger Schritt.

"Die Bildqualität des fertigen Netzwerks wird sehr stark von der Gleichmäßigkeit abhängen, mit der große Gebiete Europas mit einzelnen LOFAR-Stationen überdeckt werden können", sagt Anton Zensus, Direktor am Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR), der Leiter der VLBI-Forschungsgruppe am Institut. "Die deutschen Stationen bilden bereits einen unschätzbaren Beitrag zu dem internationalen Netzwerk. Was wir aber noch gut brauchen könnten, wäre eine Station in Norddeutschland, mit der wir die Lücke zwischen unseren jetzigen Stationen und denen unserer holländischen Freunde schließen. Das würde die Bildqualität nochmals erheblich verbessern."

Zur Redakteursansicht