LOFAR geht über die Grenze

Erste internationale Messungen mit dem Radioteleskop neuer Generation

22. September 2009
Ein internationales Team um Forscher aus beiden Bonner Astronomie-Instituten, dem Max-Planck-Institut für Radioastronomie und dem Argelander-Institut für Astronomie der Universität Bonn, hat erfolgreich die erste gemeinsame Messung zwischen den Stationen des LOFAR-Teleskops in Effelsberg/Deutschland und Exloo/Niederlande durchgeführt und damit dieses Radioteleskop der neuen Generation erstmalig als internationales Instrument eingesetzt. Eine leuchtkräftige Galaxie in 10 Milliarden Lichtjahren Entfernung von der Erde, der Quasar 3C 196, wurde am 20. August 2009 erfolgreich aufgespürt. Die Interferenzmuster ("Streifen") im Entdeckungsbild sind gleichbedeutend mit dem "ersten Licht" eines optischen Teleskops.

Olaf Wucknitz, Astronom am Argelander-Institut für Astronomie der Universiät Bonn, hatte den Nachweis von Radiostrahlung aus der fernen, leuchtkräftigen Galaxie 3C 196 mit LOFAR am 31. August 2009 endgültig bestätigt, nach einer ersten Analyse von Astronomen von ASTRON (Dwingeloo, Niederlande), der Universität Manchester (UK), sowie des Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR, Bonn). Abbildung 1 zeigt die Standorte der an der Messung beteiligten Stationen. Wucknitz ist begeistert: "Unsere Ergebnisse zeigen die Leistungsfähigkeit von LOFAR, zusammen mit Stationen weit über verschiedene Länder verteilt."

Die von Wucknitz bestätigte erste interferometrische Detektion wird als Animation in der Abbildung 2 vorgestellt. Das Bild zeigt das Signal der fernen Galaxie 3C 196 zu verschiedenen Beobachtungszeiten. Die scheinbare kleine Bewegung wird durch die Erdionosphäre verursacht, wobei die Radiowellen in ihrer Laufstrecke bis zum Teleskop deformiert werden. Eine genaue Analyse solcher Daten in zukünftigen Beobachtungen macht es erst möglich, die Details aus diesem Himmelskörper aufzuspüren.

Michael Kramer vom MPIfR sagt: "Diese ersten "Fringes" zwischen Effelsberg und den niederländischen Stationen stellen nicht nur den ersten Meilenstein für ein fantastisches neues Teleskop dar, sondern sind gleichzeitig das Ergebnis einer ertragreichen europäischen Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern verschiedener Forschungsinstituten und Universitäten. Das MPIfR ist stolz dieser Kollaboration anzugehören und wir sind gespannt auf die ersten wissenschaftlichen Ergebnisse."

LOFAR, das "Low Frequency Array", ist ein revolutionäres und innovatives Radioteleskop neuester Generation. Es wird in mehreren Ländern Europas zur Zeit aufgebaut. LOFAR wird den Himmel bei Radiowellen zwischen 1,25 m und 30 m Wellenlänge vermessen. Mit Hilfe hochentwickelter Elektronik und programmierter Algorithmen zur Korrektur von Menschen erzeugter Radiointerferenzen (wie zum Beispiel UKW-Rundfunk, in Wellenlängen von 2,8 bis 3,4 m) werden die Astronomen in der Lage sein, die aufregendsten Phänomene des Universums zu studieren - von Sonneneruptionen, der Rolle von Magnetfeldern in Galaxien, bis hin zur Evolution des Kosmos kurz nach dem Urknall, im sogenannten Zeitalter der Reionisation.

Michael Garrett vom niederländischen ASTRON bestätigt: "Unsere Kollegen in Bonn haben gezeigt, dass die Technik der Very Long Baseline Interferometry (VLBI) bei langen Wellenlängen kein Traum mehr ist, sondern ganz praktisch angewendet werden kann. Ein ganz neues Fenster zum All öffnet sich uns und wir sollten nicht zögern - das Potential für neue wissenschaftliche Entdeckungen ist in unserer Zeit unübertroffen." Anton Zensus vom MPIfR ergänzt: "Die LOFAR-Station in Effelsberg in Zusammenarbeit mit weiteren internationalen Stationen wird eine wesentliche Rolle beim wissenschaftlichen Erfolg von LOFAR spielen und ist ebenso ein wichtiger Schritt in Richtung der Verwirklichung eines hochaufgelösten Wegbereiters zukünftiger Teleskope wie des Square Kilometer Arrays."

Die LOFAR-Station Effelsberg (Abbildung 1, unten links) ist die erste LOFAR-Stelle außerhalb der Niederlande, und eröffnete den Messbetrieb im Dezember 2007. vervollständigt Die ersten vollständigen niederländischen LOFAR-Stationen waren im letzten Frühjahr und Sommer einsatzbereit. Alle Stationen sind durch eine besondere ultraschnelle Datenleitung, mit Übertragungsraten von 10 Gb/s (d.h. 600 mal schneller als eine übliche DSL-Datenleitung von 16 Mb/s). Diese Daten werden in Echtzeit über die Datenautobahn übertragen und in einem Hochleistungsrechner in Groningen, Niederlande, ausgewertet. Die Eichung und Durchführung dieser hochtechnologisierten Einrichtung beansprucht besondere Aufmerksamkeit und wurde jetzt erfolgreich getestet. James Anderson, Stationsleiter der LOFAR-Station Effelsberg und Mitglied der LOFAR-Kollaboration, sagt: "Die ersten Interferenzstreifen zwischen Effelsberg und Exloo stellen einen wichtigen Meilenstein im europäischen LOFAR-Projekt dar."

Das LOFAR-Teleskop arbeitet als Radiointerferometer. Dies basiert auf der Zusammenschaltung von mehreren Teleskopen, wobei die Schärfe (Auflösung) der Bilder in direktem Zusammenhang mit dem Abstand zwischen den Teleskopen steht. Mit einem Abstand von 1000 km zwischen den Stationen, verteilt über mehrere Länder in Europa, wird LOFAR die Auflösung von bereits existierenden optischen Teleskope Teleskope oder von Röntgen-Satelliten erreichen.

Das Netz von LOFAR-Stationen wird fortwährend mit neuen Teleskopen ausgebaut und wird voraussichtlich im Jahre 2010 voll funktionsfähig sein - mit Stationen in Frankreich, Deutschland, den Niederlanden, Schweden und dem Vereinigten Königreich.

Führende Mitglieder des wissenschaftlichen Teams (alphabetisch sortiert): James M. Anderson (MPIfR), George Heald (ASTRON), Neal Jackson (Univ. Manchester), Olaf Wucknitz (AIfA);
MPIfR-Direktoren im LOFAR-Projekt: Michael Kramer, J. Anton Zensus; 
ASTRON-Direktor: Michael Garrett

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