Deutsche Technologie bereit zur Jagd auf junge Sterne

Erfolgreiche Bewertung des deutschen GREAT-Empfängers für den Ersteinsatz am amerikanisch-deutschen Flugzeug-Observatorium SOFIA

8. Januar 2009
GREAT, der "German REceiver for Astronomy at Terahertz Frequencies", ist ein in Deutschland entwickelter Empfänger für das Flugzeug-Observatorium SOFIA, das "Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie". Das Instrument hat Anfang Dezember nach umfangreichen Labortests den "Pre-shipment Review" erfolgreich bestanden und wird nun auf den Weg zu seinem Ersteinsatz an Bord von SOFIA gebracht. GREAT wurde von einem Konsortium deutscher Forschungsinstitute unter Leitung von Dr. Rolf Güsten vom Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie entwickelt und ist einer der beiden Empfänger, die bei den ersten wissenschaftlichen Flügen des Observatoriums Mitte 2009 zum Einsatz kommen sollen. SOFIA ist ein amerikanisch-deutsches Gemeinschaftsprojekt für den Betrieb eines Flugzeug-Observatoriums in 13-14 km Höhe in der Stratosphäre. Damit wird die Untersuchung des Universums im infraroten Licht möglich, bei Wellenlängen, die aufgrund der Absorption der Strahlung durch den Wasserdampf der Erdatmosphäre vom Boden aus nicht zu empfangen sind.

Der "Pre-shipment Review" für GREAT hat am 4. & 5. Dezember 2008 am Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) stattgefunden. Unter der Leitung des DLR und mit Beteiligung von NASA-Experten wurde bei dieser Überprüfung festgestellt, dass GREAT im jetzt erreichten Zustand sowohl die wissenschaftlichen Zielsetzungen erreichen wird als auch technisch den harten Anforderungen der NASA im Hinblick auf die Flugtauglichkeit und -sicherheit gerecht wird. "Damit steht dem Transport in die USA, dem Einbau an das SOFIA-Teleskop und dem Einsatz zu ersten wissenschaftlichen Messungen nun nichts mehr im Wege", freut sich Dr. Stefan Heyminck (MPIfR), der für GREAT verantwortliche Projektingenieur.

Neben dem MPIfR und dem I. Physikalisches Institut der Universität zu Köln sind an dem Konsortium, das den GREAT-Empfänger entwickelt, das DLR-Institut für Planetenforschung und das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung beteiligt. GREAT ist ein spektral hochauflösender Empfänger für das Flugzeug-Observatorium SOFIA, der in der Stratosphäre zum Einsatz kommen wird, um Ferninfrarotstrahlung aus dem Universum in einem vom Erdboden aus nicht mehr zugänglichen Frequenzbereich von 1,2 bis 5 Terahertz (THz) zu untersuchen. Damit erweitert GREAT den vom Atacama Pathfinder Experiment (APEX) überdeckten Spektralbereich zu höheren Frequenzen. Das zu SOFIA komplementäre 12 m APEX Teleskop wird vom MPIfR in 5100 m Höhe in der chilenischen Atacama-Wüste mitbetrieben und beobachtet zwischen 0,2 und 1 THz in Frequenzbereichen, in denen die Erdatmosphäre noch durchlässig ist.

"Aufgrund der Absorption durch den Wasserdampf in der Erdatmosphäre ist es äußerst schwierig, und meist sogar unmöglich, Strahlung jenseits von 1 THz vom Erdboden aus zu beobachten", sagt Dr. Rolf Güsten vom MPIfR, der Leiter des GREAT-Projektes. "Erst in Flughöhen von 12 km und mehr wird die Atmosphäre für die Ferninfrarot-Strahlung aus dem Weltraum durchlässig."

Damit werden die Wissenschaftler des GREAT-Konsortiums, unterstützt von amerikanischen und deutschen Astronomen, einen bislang wenig erschlossenen Frequenzbereich für astronomische Messungen erschließen und unser Verständnis der physikalischen Vorgänge im interstellaren Medium bei der Entstehung junger Sterne und Planetensysteme erweitern. GREAT wird die stärksten Emissionslinien, die das interstellare Medium kühlen, die Feinstrukturübergänge des einfach ionisierten Kohlenstoffs und Stickstoffs, beobachten, und damit die Energiebilanz der untersuchten Objekte eingrenzen. Das Zusammenspiel von Heizungs- und Kühlungsprozessen reguliert die Temperatur des interstellaren Mediums, und kontrolliert damit die Anfangsbedingungen für die Entstehung der nächsten Generation von Sternen. Die Untersuchung physikalischer und chemischer Prozesse in der Umgebung von jungen Sternen, in der Milchstraße und auch in nahen Galaxien, wird eines der Hauptforschungsgebiete mit GREAT bilden.

Bei der Erforschung unseres Planetensystems wird GREAT einzigartige Untersuchungen z.B. von Venus ermöglichen, und wie unterschiedlich sich die Atmosphäre unseres Schwesterplaneten zu der der Erde entwickelt hat. Auch der Saturnmond Titan wird im Detail untersucht, mit seiner Atmosphärenchemie, die derjenigen der prä-biologischen Erde bei tiefen Temperaturen sehr ähnlich ist.

In GREAT kommen, gefördert durch die Max-Planck-Gesellschaft, das DLR und die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 494, Grenztechnologien zum Einsatz, bei deren Entwicklung die beteiligten Institute weltweit federführend sind. Durch den großen technologischen Fortschritt bei der Entwicklung von extrem schnellen supraleitenden Detektoren lassen sich nunmehr äußerst empfindliche Empfänger für den Terahertz-Frequenzbereich bauen, die mit GREAT ihre astronomische Anwendung finden. Zur spektralen Analyse der astronomischen Signale ist GREAT mit einer Reihe von Spektrometern neuester Generation ausgestattet.

SOFIA ist ein Gemeinschaftsprojekt des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der US-amerikanischen National Aeronautics and Space Administration (NASA), für das eine Boeing 747-SP umgebaut und im hinteren Teil mit einem 17 Tonnen schweren hochpräzisen Teleskop mit einem Spiegeldurchmesser von 2,7 Metern ausgestattet wurde. Der deutsche Beitrag besteht in der Entwicklung und dem Bau dieses Teleskops als Herzstück des Observatoriums sowie in der Unterstützung beim Einbau, bei der Inbetriebnahme und bei der auf 20 Jahre angelegten Betriebsphase.

SOFIA: SOFIA, das "Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie" ist ein Gemeinschaftsprojekt des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) und der National Aeronautics and Space Administration (NASA). Es wird auf Veranlassung des DLR mit Mitteln des Bundes (BMWi), des Landes Baden-Württemberg und der Universität Stuttgart durchgeführt. Der wissenschaftliche Betrieb wird auf deutscher Seite vom Deutschen SOFIA Institut (DSI) der Universität Stuttgart koordiniert, auf amerikanischer Seite von der Universities Space Research Association (USRA).

GREAT: GREAT, der "German Receiver for Astronomy at Terahertz Frequencies", ist ein Empfänger für spektroskopische Ferninfrarot-Beobachtungen in einem Frequenzbereich von 1,2 bis 5 Terahertz (60-220 µm Wellenlänge), der von bodengebundenen Observatorien aus wegen der mangelnden atmosphärischen Transparenz nicht mehr zugänglich ist. Dieser Empfänger kommt am Flugzeug-Observatorium SOFIA zum Einsatz. GREAT ist durch ein Konsortium deutscher Forschungsinstitute (MPIfR Bonn, Universität zu Köln, DLR-P Berlin, MPS Katlenburg-Lindau) als eines der beiden deutschen SOFIA-Instrumente der ersten Generation entwickelt und gebaut worden. Projektleiter für GREAT ist Dr. Rolf Güsten (MPIfR). Die Entwicklung des Instruments ist finanziert mit Mitteln der beteiligten Institute, der Max-Planck-Gesellschaft und der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des SFB 494.

Pre-shipment Review: Der "Pre-shipment Review" hat am 4. & 5. Dezember 2008 am Max-Planck-Institut für Radioastronomie stattgefunden.

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