Gibt es Probleme, die die Erforschung des "Radio-Universums" behindern?



Im Gegensatz zu vielen anderen wissenschaftlichen Forschungsgebieten war die Radiastronomie nicht vor den technischen Anwendungen da, sondern sie entwickelte sich aus der eher zufälligen Entdeckung sehr schwacher Radiostrahlung von der Sonne und aus dem Zentralbereich unserer Milchstraße. Die Radiotechnik wird sehr vielfältig eingesetzt. Radiosender strahlen Rundfunk- und Fernsehprogramme aus, sie werden aber auch zur Kommunikation mit Raumsonden verwendet. Im Vergleich zu Radiowellen kosmischen Ursprungs strahlen sie milliardenfach stärker und stören damit die empfindlichen radioastronomischen Instrumente. Weitere Beispiele für Störquellen sind: Bildschirme bei Computern und Fernsehern, Abstandsradar (Bremsassistenten beim Auto), das Zünden eines Motors, Radaranlagen, das Handy und viele weitere elektronische Geräte. Sogar Radiostrahlung von der Erde selbst kann einen Störfaktor darstellen.

Die folgende Grafik verdeutlicht, wie stark die Strahlung eines Handys auf dem Mond und die eines Abstandsradars aus einer Entfernug von ca. 1km im Vergleich zur Strahlung der stärksten Radioquellen aus dem Kosmos ist. Hätte Neil Armstrong ein Handy mit auf den Mond genommen, wäre das (ohne die Sonne) die drittstärkste Radioquelle am Himmel gewesen.

In der Abbildung ist die Stärke der Radiostrahlung (Strahlungsfluss in Jansky -Jy- von 1 bis 100 Millionen) auf der Y-Achse und die Frequenz der Strahlung zwischen 10 MHz und ca. 30 GHz auf der X-Achse aufgetragen. Die Maßeinheit "Jansky" in der Radioastronomie ist nach Karl Jansky benannt, der im Jahr 1932 zum ersten Mal Radiostrahlung aus dem Weltall beobachten konnte.

1 Jansky = 1 Jy = 1 · 10-26 W/(m2Hz)

Nun werden Sie sich bestimmt fragen: "Was hat mein Fernseher mit den Problemen der Radioastronomen zu tun?" Die Frage ist berechtigt. Der Fernseher selbst hat damit wenig zu schaffen, doch woher empfängt denn unser Gerät die ganzen Sender? Heutzutage vielleicht weniger über Hausantennen, aber über Kabel oder vor allem über Satelliten. Und exakt da liegt ein Problem für die Radiastronomie. Manche Fernsehsatelliten senden ihre Signale nämlich bis in Frequenzbereiche, in denen die Radioteleskope die elektromagnetischen Signale von kosmischen Objekten im ganzen Weltall empfangen wollen und die sogar für die Radioastronomie geschützt sind (z.B. bei 10,6-10,7GHz). Ein entsprechendes Problem gibt es mit Positionssatelliten wie z.B. GLONASS oder den Iridium-Kommunikationssatelliten im Bereich von 1,7 GHz.

Beim Zünden eines Motors oder beim Abstandsradar sendet das Auto zwar keine Signale zu den Satelliten, doch man könnte sagen, dass es "strahlt", also Radiosignale freisetzt. Sobald Autos mit eingeschaltetem Bremsassistenten in die Nähe von Radioteleskopen kommen, treten gravierende Störungen des Empfangs auf. Das spielt gerade in dem für die Radioastronomie sehr wichtigen geschützten Frequenzbereich zwischen von 23,6 bis 24GHz eine Rolle.

Im Extremfall kann die weitere Erforschung des Weltraums in manchen Frequenzbereichen sogar unmöglich werden. Um das zu verdeutlichen, zeige ich Ihnen folgende Bilder:

Beide Bilder zeigen im Prinzip die gleiche Messung der starken Radioquelle Perseus A mit dem 100m-Radioteleskop. Nur mit dem einzigen Unterschied, dass zwischen beiden Aufnahmen ASTRA-1D, der Fernsehsatellit, in Betrieb genommen wurde. Dies ist eines der besten Bilder, um den drastischen Einfluss künstlicher Signale auf radioastronomische Messungen zu zeigen.

Der für die Radioastronomie geschützte Frequenzbereich von 10,6-10,7GHz kann von den Radioastronomen überhaupt nicht mehr benutzt werden, seitdem ASTRA-1D den Betrieb aufgenommen hat. Der Empfänger am Radioteleskop Effelsberg arbeitet inzwischen in einem Frequenzbereich von 10,3 bis 10,6GHz. Dieser Bereich ist nicht speziell für die Radioastronomie geschützt, aber dort sind brauchbare Messungen noch möglich. Hier konnte der Frequenzbereich verschoben werden, um auch weiterhin radioastronomische Messungen durchzuführen. Wenn im geschützten Band hingegen spektroskopische Linien von Atomen und Molekülen wären, hätte man die Frequenz nicht einfach verschieben können.

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