Event-Horizon-Teleskop

Beobachtungen im internationalen Radioteleskop-Netzwerk im April 2017

30. März 2017

Das „Event Horizon Telescope“ (EHT) ist ein Projekt in internationaler Kollaboration mit dem Ziel, die unmittelbare Umgebung eines Schwarzen Lochs zu vermessen. Damit kann die Einsteinsche Relativitätstheorie in einem extremen Regime getestet werden. An den Beobachtungen im Rahmen eines internationalen Konsortiums sind auch eine Reihe von europäischen Instituten, darunter das Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie, beteiligt.

 

Das EHT-Konsortium besteht aus 14 Instituten mit fast 200 Mitgliedern in Europa, Asien, Afrika und Amerika. EHT-Ratsvorsitzender ist Prof. J. Anton Zensus vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn, EHT-Direktor ist Dr. Sheperd S. Doeleman (Harvard & MIT, USA).

Die Abteilung von Prof. Michael Kramer am MPIfR ist über das vom European Research Council (ERC) finanzierte Projekt „BlackHoleCam“ (BHC) beteiligt, eine Zusammenarbeit mit Prof. Heino Falcke (Radboud-Universität Nimwegen, Niederlande) und Prof. Luciano Rezzolla (Universität Frankfurt).

Die für die EHT-Beobachtungen eingesetzte Technik heißt Very-Long-Baseline Interferometrie (VLBI). VLBI erreicht die höchste Auflösung in der Astronomie durch die Zusammenschaltung mehrerer über die ganze Erde verteilter Radioteleskope. Damit werden die aus der Umgebung schwarzer Löcher in aktiven galaktischen Kernen ausströmenden Jets energiereicher Teilchen untersucht.

Im Rahmen des EHT-Projekts wird es möglich, zusätzlich zu den Jets auch ein direktes Bild der Schwarzen Löcher aufzunehmen. Dazu werden kürzere Wellenlängen von 1,3 mm Wellenlänge zum Einsatz gebracht. Die erreichte Winkelauflösung resultiert in einer zweimillionenfachen Teleskopvergrößerung, das entspricht der Größe eines Tennisballs auf der Oberfläche des Mondes.

Um die Wirkung der Atmosphäre zu minimieren, sind Messungen in diesem Wellenlängenbereich nur in trockenen, hohen Lagen möglich, wie z.B. in der Atacama-Wüste in Chile, der Sierra Nevada in Spanien, auf den hohen Vulkanbergen Hawaiis oder auf dem Südpol.

Der Einsatz des Atacama Large Millimeter Arrays (ALMA) bietet durch die Zusammenschaltung von insgesamt 64 Einzelantennen eine noch größere Empfindlichkeit, da hiermit ein Teleskop mit einem äquivalenten Durchmesser von 84 m synthetisiert wird, das den üblichen Teleskopen mit Durchmessern von 15-30 m weit überlegen ist. Nach einer langjährigen Planung werden die Messungen vom 4. bis 14. April 2017 mit einem weltweiten Netzwerk von Teleskopen (siehe unten) durchgeführt.

Die Daten werden in einem Superrechner – dem sogenannten Korrelator - verarbeitet. Für die Auswertung der EHT-Messungen werden zwei Korrelatoren eingesetzt, am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn (Leiter der Korrelatorgruppe: Walter Alef) und am Haystack Observatory in Haystack, Massachusetts, USA.

Um ein Gesamtbild der Physik der Schwarzen Löcher zu erreichen, werden numerische Simulationen und Tests mit synthetischen Daten ebenfalls gleichzeitig durchgeführt

Zur Bestimmung von unabhängigen Messwerten der Eigenschaften des Schwarzen Lochs sucht das MPIfR als Teil des BHC-Projekts gleichzeitig nach Pulsaren. Diese können das ausgedehntere Gravitationsfeld von Sgr A* ausmessen und mit den Bildinformationen vergleichen.

Die Messungen werden vom ERC-Projekt „BlackHoleCam“ (BHC) mitfinanziert und u.a. von der Max-Planck-Gesellschaft unterstützt.

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Vor dem Start der EHT-Beobachtungen werden mit dem „Global Millimetre-VLBI Array“ (GMVA) Netzwerk zwischen dem 31. März und dem 4. April 2017 mit insgesamt 14 Radioteleskopen Beobachtungen von aktiven Galaxien bei 3 mm Wellenlänge durchgeführt. Drei der Objekte werden gemeinsam mit ALMA in Chile beobachtet. An den 3mm-Beobachtungen nimmt auch das 100-m-Radioteleskop in Effelsberg teil. Die Auswertung der GMVA-Beobachtungen inklusive ALMA wird am Korrelator des MPIfR in Bonn erfolgen.  

ros/njn

 

Teleskop-Netzwerk (Beobachtungen vom 4. bis 14. April 2017)

▪ Atacama Pathfinder Experiment (APEX) in Chile, betreut vom MPI für Radioastronomie

  VLBI-Messungen: Alan Roy, Jan Wagner, Sven Dornbusch

▪ Atacama Large Millimeter Array (ALMA) in Chile, betreut von einer Internationalen Kollaboration (u.a. von der Europäischen Südsternwarte, ESO)

  VLBI-Messungen vom MPIfR: Helge Rottmann

▪ 30-m Teleskop  in Pico Veleta in Südspanien, betreut vom deutsch-französisch-spanischen Institut IRAM

  VLBI-Messungen vom MPIfR: Thomas P. Krichbaum, Helge Rottmann, Rebecca Azulay; von IRAM: Pablo Torne

▪ South Pole Telescope (SPT), betreut von einer Internationalen Kollaboration (u.a. Ludwig-Maximilian-Universität München)

▪ James Clark Maxwell Telescope (JCMT) auf dem Mauna Kea in Hawaii, USA, betreut vom East Asian Observatory (Taiwan, China, Japan und Südkorea)

▪ Large Millimeter Telescope (LMT) Alfonso Serrano, betreut vom Instituto Nacional de Óptica y Electrónica in Mexiko und von der University of Massachussetts, USA

▪ Submillimeter Array  (SMA) auf dem Mauna Kea in Hawaii, USA

▪ Submillimeter Telescope  (SMT) in Arizona, USA

Weitere Teleskope werden die EHT-Messungen in den Jahren danach ergänzen: NOEMA  (Plateau de Bure, Frankreich), Grönland-Teleskop, Afrika-Millimeter-Teleskop  (in Planung).

 

Quellenliste

Bei den Messungen im April 2017 werden insgesamt sechs Quellen beobachtet:

▪ Das Zentrum der Milchstraße, Sagittarius A*, 25.000 Lichtjahre entfernt im Sternbild Schütze (EHT-Projekt)

▪ Die aktive Galaxie Virgo A, auch als Messier 87 oder M 87 bekannt, 53 Millionen Lichtjahren entfernt im Sternbild Jungfrau (EHT-Projekt). Aus den gemessenen Daten wurde am 10. April 2017 das erste Bild eines Schwarzen Lochs präsentiert (MPIfR PR 2019/4 vom 10. April 2019). Dafür wurde das EHT-Projekt u.a. mit dem Breakthrough-Preis ausgezeichnet (MPIfR PR 2019/8 vom 5. September 2019). Später wurde auch polarisiertes Licht am Rande des schwarzen Lochs (M87*) untersucht (MPIfR PR 2021/3 vom 24. März 2021).

▪ Die südliche Galaxie Centaurus A, 13 Millionen Lichtjahre entfernt im Sternbild Zentaurus (PI-Projekt: Cornelia Müller - c.mueller@astro.ru.nl, fortgesetzt von Michael Janßen - mjanssen@mpifr.de)

▪ Der Quasar OJ 287, 3,5 Milliarden Lichtjahre entfernt im Sternbild Krebs (PI-Projekt: José Luis Gómez - jlgomez@iaa.es)

▪ Die elliptische Galaxie NGC 1052, 63 Millionen Lichtjahre entfernt im Sternbild Walfisch (PI-Projekt: Matthias Kadler - kadler@physik.uni-wuerzburg.de & Eduardo Ros - ros@mpifr.de)

▪ Der Quasar 3C 279, 5 Milliarden Lichtjahre entfernt im Sternbild Jungfrau (PI-Projekt: Thomas Krichbaum - tkrichbaum@mpifr.de). Die Federführung des Projektes wurde von J.Y. Kim - jykim@mpifr.de übernommen. Aus dieser Messungen wurden Bilder mit bisher unerreichten Schärfe erstellt (MPIfR 2020/4 vom 7. April 2020)

▪ Die aktive Galaxie 3C 84 (Perseus A), die Zentralgalaxie des Perseus-Galaxienhaufens in einer Entfernung von 240 Millionen Lichtjahren

▪ Weitere aktive Galaxien (wie 3C 273) dienen als Kalibratoren

Dabei stellen Sgr A* im Zentrum der Milchstraße sowie die Zentralquelle der aktiven Galaxie M87 im Virgo-Galaxienhaufen die beiden Schlüsselbeobachtungen für das EHT-Projekt dar.

 

EHT: Partnerinstitutionen und ihre Kontaktpersonen

- Max-Planck-Institut für Radioastronomie

o Prof. Dr. J. Anton Zensus (EHT-Ratsvorsitzender) – azensus@mpifr.de

o Prof. Dr. Michael Kramer (BHC Ko-Hauptinvestigator) – mkramer@mpifr.de

o Prof. Dr. Karl Menten (APEX) - kmenten@mpifr.de

o Dr. Thomas P. Krichbaum (Wissenschaftler) – tkrichbaum@mpifr.de

o Prof. Dr. Eduardo Ros (EHT-Sekretär) – ros@mpifr.de

o Dr. Walter Alef (Leiter der Korrelatorgruppe am MPIfR Bonn) – walef@mpifr.de

o Dr. Alan Roy (Betreuung der Messungen mit APEX) – aroy@mpifr.de

o Dr. Helge Rottmann (Betreuung der Messungen mit Pico Veleta und mit ALMA) – hrottmann@mpifr.de

- Goethe-Universität Frankfurt

o Prof. Dr. Luciano Rezzolla (BHC Ko-Hauptinvestigator) - rezzolla@th.physik.uni-frankfurt.de

- Radboud Universiteit Nijmegen, Niederlande

o Prof. Dr. Heino Falcke (BHC Ko-Hauptinvestigator) - H.Falcke@astro.ru.nl

o Dr. Remo Tilanus (EHT-Projektmanager) - rtilanus@strw.leidenuniv.nl

- Institut für Radioastronomie im Millimeterbereich (IRAM), Grenoble, Frankreich und Granada, Spanien

o Dr. Karl Schuster - schuster@iram.fr

- Haystack Observatory, Massachusetts Institute of Technology, MA, USA

- Smithsonian Astrophysical Observatory, Harvard University, MA, USA

o Dr. Sheperd S. Doeleman (EHT-Direktor) - sdoeleman@cfa.harvard.edu

o Prof. Dr. Dimitrios Psaltis (EHT-Projektwissenschaftler) - dpsaltis@email.arizona.edu

- Perimeter Institute, Waterloo, ON, Canada

- Large Millimeter Telescope, Mexiko

- University of Chicago, IL, USA

- University of Arizona, Tucson, AZ, USA

- Academia Sinica Institute of Astronomy and Astrophysics, Taipei, Taiwan

- National Astronomical Observatory of Japan, Tokyo, Japan

 

 

 

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