Leuchttürme im All

Pulsare sind faszinierende Himmelskörper mit interessanter Geschichte

3. November 2011
Pulsare gehören zu den exotischsten Objekten im Universum. Sie gleichen riesigen Atomkernen und drehen sich mit unvorstellbarer Geschwindigkeit um die eigene Achse. Diese kosmischen Leuchttürme markieren das Ende von massereichen Sonnen. In den 1930er-Jahren theoretisch vorausgesagt, wurden sie drei Jahrzehnte später von einer jungen Astronomin entdeckt – durch reinen Zufall.

Text Helmut Hornung

Cambridge, England, Ende September 1967. Die 24-jährige Astronomiestudentin Jocelyn Bell schuftet für ihre Doktorarbeit. Sie wertet Daten eines neuen Radioteleskops aus – Dutzende Meter lange Papierstreifen mit buckligen Kurven. Nach 30 Metern Papier entdeckt das geschulte Auge der Studentin eine Unregelmäßigkeit. Einige Wochen später untersucht Jocelyn Bell diese Störung genauer. Sie findet heraus, dass es Pulse sind, die sich im Abstand von exakt 1,33730109 Sekunden wiederholen.

Was hat das zu bedeuten? Menschen können sie nicht erzeugen, denn die Signale kehren immer dann wieder, wenn der geheimnisvolle Sender – bedingt durch die tägliche Drehung des Firmaments – am unbeweglichen Teleskop vorbeiwandert. Da gibt es wohl nur zwei Möglichkeiten: Die Pulse stammen entweder von einem astronomischen Objekt – aber von welchem? Oder von einer fremden Zivilisation, die versucht, mit der Erde zu kommunizieren! Tatsächlich nennen Bell und ihr Doktorvater Anthony Hewish das rätselhafte Signal Little Green Man.

Kurz vor Weihnachten untersucht Jocelyn Bell die Aufzeichnungen einer anderen Himmelsregion – und stößt prompt auf einen weiteren Sender. Diesmal mit einer Periode von 1,2 Sekunden. Existiert etwa noch ein zweites Volk von Außerirdischen, das auf einer anderen Frequenz funkt? Das erscheint sehr unwahrscheinlich. Also kommt nur eine astronomische Erklärung in Frage. Was aber verbirgt sich hinter dem Ticken dieser kosmischen Quarzuhren? Die Antwort ist erstaunlich: Objekte, deren Existenz Wissenschaftler bereits 1934 theoretisch vorausgesagt hatten. Aber ihre Arbeit blieb 33 Jahre lang unbeachtet. Dann wurde sie durch Jocelyn Bell bestätigt.

Die junge Forscherin hatte Neutronensterne entdeckt, die sich als Pulsare zu erkennen geben. Übrigens hatte im Sommer 1967 noch jemand die Signale aus dem All belauscht: der junge Soldat Charles Schisler auf einer Radarstation in Alaska. Doch aus Gründen militärischer Geheimhaltung behielt Schisler das Geheimnis 40 Jahre lang für sich. Erst im Sommer 2007 brach er sein Schweigen.

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