Radioastronomie an der Seidenstraße

Erfolgreiches Partnerschaftsprojekt zwischen Deutschland und China

5. September 2005
Im Rahmen der deutsch-chinesischen Zusammenarbeit unterstützt das Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) mit Sondermitteln der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) für fünf Jahre eine Partnergruppe am National Astronomical Observatory der Chinese Academy of Sciences (CAS) in Beijing. Die Leiter der Partnergruppe, Prof. Han JinLin auf chinesischer und Prof. Richard Wielebinski auf deutscher Seite, veranstalten vom 7. bis 14. September 2005 unter dem Titel "Cosmos probed by radio" eine Chinesisch-Deutsche Konferenz in Urumqi und Kashi (Kashgar) an der Seidenstraße im äußersten Westen Chinas. Ca. 15 deutsche und 25 chinesische Wissenschaftler werden an der Konferenz teilnehmen. Das Radioastronomie-Projekt stellt eine von zur Zeit zehn Kooperationen von Instituten der MPG mit Partnergruppen in China dar.

Während der Konferenz im September in China, die vom "Chinesisch-Deutsches Zentrum für Wissenschaftsförderung" der DFG und der CAS in Beijing finanziert wird, wird die Nutzung des vom MPIfR gebauten Empfängers für 6 cm Wellenlänge am 25-m-Radioteleskop in Urumqi diskutiert und erste Ergebnisse von Beobachtungen mit diesem Empfänger präsentiert.

Ein Schwerpunkt des deutsch-chinesischen Kooperationsprojekts liegt in der Erforschung galaktischer Magnetfelder. Die Aktivitäten umfassen gegenseitige Forschungsaufenthalte und gemeinsame Beobachtungen am 100-m-Radioteleskop Effelsberg (Bad Münstereifel), ebenso Publikationen zu Magnetfeldern von Supernova-Überresten. Empfindliche Polarisationsmessungen mit dem 100-m-Teleskop von ca. 2000 Quasaren wurden soeben erfolgreich abgeschlossen.

"Eine der Hauptaktivitäten der Zusammenarbeit waren Bau und Installation eines neuen Empfängers am 25-m-Radioteleskop Urumqi zur Erstellung einer Polarisationskartierung der galaktischen Ebene bei 6 cm Wellenlänge", so Prof. Richard Wielebinski vom MPIfR, Leiter der Partnergruppe auf deutscher Seite. "Darüber hinaus ermöglicht dieser Empfänger die Kartierung der Magnetfelder von Supernova-Überresten und die Erfassung von Magnetfeldern im Halo unserer Milchstraße".

Die Finanzierung erfolgte durch Sondermittel der MPG und der CAS und stellt einen Nachbau des existierenden Empfängers am Radioteleskop Effelsberg für 6 cm Wellenlänge dar. Das System wurde im Sommer 2004 nach Urumqi geliefert und dort am 25-m-Teleskop eingebaut. Neben dem Empfänger selbst musste die gesamte Software aus Effelsberg in geeigneter Form am Teleskop in Urumqi verfügbar gemacht werden. Testmessungen in den Monaten August und September 2004 zeigten herausragende Eigenschaften bezüglich Empfindlichkeit und Stabilität. Damit sind ideale Voraussetzungen für die wissenschaftlichen Ziele gegeben.

Das Urumqi Teleskop ist Mitglied im Europäischen VLBI-Netzwerk (EVN) und mit dem neuen Empfänger das klar empfindlichste Teleskop seiner Größenklasse weltweit.

Seit September 2004 wird die Kartierung der galaktischen Ebene und ausgedehnter Supernova-Überreste durchgeführt. Das Teleskop hat bei 6 cm Wellenlänge die gleiche Winkelauflösung wie Effelsberg bei 21 cm und erlaubt daher eine direkte Kombination mit den dort durchgeführten Durchmusterungen. Messungen mit dem Radioteleskop Effelsberg bei 6 cm Wellenlänge würden wegen des 4fach kleineren "Sehwinkels" (Beam) eine viel zu lange Meßzeit benötigen, die wegen der großen Nachfrage von Beobachtungszeit am 100-m-Teleskop einfach nicht zur Verfügung steht. Eine Reihe von Kartierungen grosser Supernova-Überreste (z.B. Cygnus Loop, Abb. 2) wurde in Urumqi bereits abgeschlossen und auch ein erster Teil der galaktischen Ebene wurde in Polarisation beobachtet.

Erste Forschungsergebnisse sind erfolgreich abgeschlossen und zur Publikation eingereicht. Auch Messungen extrem kurzzeitiger Helligkeitsschwankungen von Quasaren wurden in Ergänzung zu Beobachtungen mit dem 100-m-Radioteleskop bei gleicher Wellenlänge durchgeführt.

Im Verlauf der Konferenz geht es um Absprachen über künftige wissenschaftliche und technische Zusammenarbeit, auch im Hinblick auf engagierte Neubaupläne der Chinesen. "Hier in China gibt es Pläne zum Bau eines neuen 100-m-Radioteleskops in der Umgebung von Kashi als Teil eines neuen astronomischen Beobachtungszentrums", sagt Prof. Han JinLin. "Das Ziel ist der Ausbau der Radioastronomie in China und die Erweiterung der Basislinien für Radiointerferometrie. Dafür ist uns die langjährige Erfahrung der deutschen Kollegen am 100m-Radioteleskop Effelsberg von größtem Nutzen." Die Teilnehmer der Konferenz haben die Möglichkeit, den ausgewählten Standort direkt zu besichtigen.

Zur Redakteursansicht