Frequenzbereiche, in denen das 100m-Radioteleskop arbeitet



Im folgenden finden Sie die komplette Tabelle mit den Wellenlängen- und Frequenzbereichen, in denen das 100m-Teleskop arbeitet (Spalte 1,2). Die Empfänger, die am 100m-Teleskop eingesetzt werden, decken einen großen Bereich zwischen 400MHz und 95GHz ab. Bei den höheren Frequenzen (bzw. kürzeren Wellenlängen) spielt das Wetter für die Beobachtungen eine wichtige Rolle - beim Einsatz dieser Empfänger braucht man gutes Wetter. Für einige der Empfänger werden Beobachtungsbeispiele angeführt (Spalte 3). Spalte 4 der Tabelle enthält den Empfängertyp; bei spektroskopischen Empfängern auch als Beispiel ein Atom oder Molekül, das bei dieser Frequenz strahlt.

Es gibt eine Reihe von speziell für die Radioastronomie geschützten Frequenzbereichen ("Radioastronomiefunkdienst"). In der 5. Spalte stehen die geschützten Frequenzen, die nicht immer mit dem insgesamt abgedeckten Frequenzband des Empfängers übereinstimmen. Einige sind sogar vollkommen ungeschützt. Schließlich sind in der 6. Spalte Beispiele für Störungen von außen angegeben, die sogar, trotz des Frequenzschutzes, die radioastronomischen Messungen erheblich beeinträchtigen können.

Wellenlänge Empfänger-Frequenz (in GHz) Empfänger (Bsp. spektroskopische Linie) Geschützte Frequenz (in GHz) Beispiel für Störeinfluss
73cm 0,395 - 0,44 Kontinuum 0,406 - 0,41 -
50cm 0,595 - 0,62 Kontinuum 0,608 - 0,614 Fernsehkanal 38 (UHF)
30cm 0,8 - 1,3 Kontinuum/Spektroskopie: CH3OH ungeschützt -
18 - 21cm 1,3 - 1,7 Kontinuum/Spektroskopie: H, OH 1,4 - 1,43/1,61 - 1,614/1,66 - 1,67 Satelliten: GLONASS, Iridium
13cm 2,2 - 2,3 Kontinuum/VLBI ungeschützt Mikrowellenherde
11cm 2,6 - 2.68 Kontinuum 2,6 - 2,7 -
9cm 3,08 - 3,35 Spektroskopie: CH ungeschützt -
6,5cm 4,3 - 4,9 Spektroskopie: H2CO 4,8 - 5 -
6cm 4,6 - 5,1 Kontinuum 4,8 - 5 -
5cm 5,75 - 6,75 Kontinuum/Spektroskopie: CH4O ungeschützt
3,6cm 7,8 - 8,9 Kontinuum/Spektroskopie: Ionisierte Heliumisotope ungeschützt -
2,8cm 10,3 - 10,6 Kontinuum 10,6 - 10,7 Fernsehsatellit ASTRA-1D
2,2cm 12,9 - 13,6 Spektroskopie: SO ungeschützt -
2cm 13,6 - 15,6 Kontinuum/VLBI 14,47 - 14,5/15,35 - 15,4 -
1,9cm 13,5 - 18,7 Spektroskopie: C3H2 14,47 - 14,5/15,35 - 15,4 -
1,3cm 21,7 - 24,4 Kontinuum/VLBI 22,01 - 22,5/22,81 - 22,86/23,6 - 24
1,3cm 18 - 26 Spektroskopie: NH3, H2O 22.21 - 22,50/23.6 - 24,0 Abstandsradar
1cm 27 - 36,7 Spektroskopie: CH3OH 31,2 - 31,8/36,4 - 36,5 -
9mm 31 - 33 Kontinuum 31,2 - 31,8 -
7mm 41,6 - 44,4 Kontinuum/VLBI 42,5 - 43,5 -
6,5mm 41,05 - 49,7 Spektroskopie: SiO 42,5 - 43,5/48,9 - 49,04 -
3mm 84 - 95,5 Kontinuum/Spektroskopie: HCN 81 - 100 -

An dieser Stelle möchte ich kurz auf die aufgeführten Beispiele für Störeinfluss eingehen.

Der Fernsehkanal 38 liegt im UHF (Ultra High Frequency)-Band, in einem Frequenzbereich von 608-614MHz, der auch für die Radioastronomie geschützt ist. Zum Glück ist der für diesen Bereich vorgesehene Empfänger ein Kontinuumsempfänger, d.h., es geht keine wichtige spektroskopische Linie verloren und außerdem wird dieser Empfänger auch im wesentlichen für VLBI genutzt, wobei die Störungen nicht ganz so entscheidend sind.

Innerhalb des geschützten Frequenzbands von 1610-1613MHz liegt eine wichtige Linie des OH-Moleküls. Dieser Bereich wird durch gleich zwei Satellitenprojekte beeinträchtigt. GLONASS ist das russische Gegenstück zum amerikanischen GPS (Global Positioning System), das in diesem Frequenzbereich arbeitet. Durch eine Absenkung der Frequenz und bessere Filter könnten die Störungen durch GLONASS aber geringer werden. Das amerikanischen IRIDIUM-Netzwerk (Satelliten für weltweiten Handy-Empfang) stört ebenfalls in diesem Frequenzbereich.

Der ungeschützte Frequenzbereich von 2,2GHz bis 2,3GHz wird durch Mikrowellenherde (Strahlung um 2,45GHz) beeinflusst. Das Problem ist für das Radioteleskop Effelsberg nicht so groß, da auch dieser Empfänger vor allem für VLBI eingesetzt wird.

Der Fernsehsatellit ASTRA-1D arbeitet bei Frequenzen direkt oberhalb von 10,7GHz. Die Dadurch verursachten Störungen machen Radiomessungen im geschützten Frequenzband von 10,6 - 10,7GHz unmöglich. Da dieses Frequenzband nur für Kontinuumsmessungen genutzt wird, konnten die Radioastronomen hier auf einen niedrigeren Frequenzbereich von 10,3-10,6GHz ausweichen (für militärische Funkanwendungen reserviert, aber für den Empfang von Radiosignalen verwendbar).

In dem Frequenzberich von 18 - 26 GHz sind zwei wichtige Abschnitte für die Untersuchung von Molekülen in der Radioastronomie geschützt: 22.21-22,50GHz für Wasser H2O, und 23,6-24,0GHz für Ammoniak NH3. Auf diesen Bereich haben sich inzwischen aber auch die Betreiber von Abstandsradarsystemen (Bremsassistenten) für Automobile gesetzt. Für diesen Zweck wurde eine Frequenz von 77GHz zugeteilt. Da die Entwicklung der Systeme auf der höheren Frequenz teuer wird, haben die Automobilhersteller Senderchips für den Betrieb bei einer Frequenz von 24GHz entwickelt, die voll in den geschützter Bereich für die Radioastronomie fallen. Und tatsächlich wurde ihnen im Jahr 2005 ein vorläufiger Betrieb auf dieser Frequenz genehmigt. Wie fatal sich das auf radioastronomische Beobachtungen auswirkt, ist in der obigen Abbildung mit den stärksten Radioquellen am Himmel dargestellt: Bei 24GHz entspricht die Strahlung eines eingeschalteten Bremsassistenten in 1km Entfernung vom Radioteleskop dem Tausendfachen der stärksten Radioquelle von außerhalb des Sonnensystems!

In Zukunft gewinnt die Verbreitung von UWB (Ultrabreitband) (drahtlose Netzwerken für den Heimbetrieb) eine immer größere Bedeutung. In diesen Netzwerken wird die Technik von Funkensendern bei kleinerer Leistung angewendet, ermöglicht durch immer billigere digitale Elektronik. Damit wird jedoch ein ausgedehnter Frequenzbereich zwischen 0,5 und 10GHz durch Störungen beeinträchtigt. Diese Störungen sind zwar schwach, aber der massenhafte Betrieb solcher Systeme könnte für die hochempfindlichen Empfänger in der Radioastronomie und bei Wettersatelliten einschneidende Folgen haben. Davon wären gleich die Hälfte der in Effelsberg eingesetzten Empfänger, vor allem für die Spektroskopie, betroffen.

Es wäre schade, wenn man die radioastronomischen Instrumente aufgrund der immer stärkeren menschengemachten Störungen im Keller verschwinden ließe, denn die Radioastronomie ist ein unverzichtbarer Teil der astronomischen Forschung, um so fundamentale Fragen zu beantworten wie "Woher kommen wir? Wohin gehen wir?". Außerdem hilft sie uns dabei, technische Entwicklungen voranzutreiben.

Weiterführende Links:


Bilder:


Dank an:

  • Norbert Junkes
  • Axel Jessner
  • Enno Middelberg
  • das Max-Planck-Institut für Radioastronomie
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