Das Magnetfeld der Andromeda-Galaxie




Eine Karte der kontinuierlichen Radiostrahlung zeigt uns die Verteilung der Magnetfelder, die von den Elektronen der Kosmischen Strahlung "beleuchtet" werden. Diese laufen auf Spiralbahnen um die Magnetfeldlinien und senden dabei Radiowellen aus. Die Intensität der Radiostrahlung ist ein Maß für die Stärke des gesamten Magnetfeldes. Ist ein Teil der Magnetfeldlinien gleich ausgerichtet, so ist die Radiostrahlung linear polarisiert. Die Polarisationsrichtung ist dabei zunächst senkrecht zur Magnetfeldrichtung, kann aber in Plasmawolken auf dem Weg zu uns gedreht werden ("Faraday-Drehung"). Diese Drehung ist bei Wellenlängen unterhalb von etwa 3 Zentimetern praktisch Null, nimmt aber bei größeren Wellenlängen stark zu.

Die Andromeda-Galaxie (M31) ist die nächste Spiralgalaxie und die erste, deren Radiostrahlung nachgewiesen wurde - bereits im Jahre 1950. Ihre Radiowellen stammen vor allem aus einem "Ring" in rund 30 000 Lichtjahren Abstand vom Zentrum. Dort befinden sich die Spiralarme mit Sternentstehungsgebieten und Überresten von Supernova-Explosionen, die Quellen der Kosmischen Strahlung. Das Magnetfeld im Ring wird durch einen gigantischen Dynamo aufgebaut, gespeist aus der Energie der Rotation der Galaxie.

Bereits im Jahr 1974 wurde M31 mit dem 100-m-Teleskop Effelsberg bei 11cm Wellenlänge beobachtet. Dabei war die Auflösung mit etwa 5 Bogenminuten noch unbefriedigend, und hohe Faraday-Drehung verwischte das Muster der Magnetfeldrichtungen. Schärfere Bilder erfordern Beobachtungen bei kürzeren Wellenlängen, bei denen jedoch die Radiostrahlung immer schwächer wird und die Bewölkung immer mehr stört. Die Radioastronomen haben hier Abhilfe schaffen können: Zwei oder mehr Hornantennen in der Brennebene erlauben es, falls nötig, Störungen durch vorbeiziehende Wolken durch Differenzbildung zu beseitigen: Eine Wolke wird von beiden Hornantennen praktisch gleichzeitig "gesehen", die Radioquelle aber nur von einer Hornantenne.

Seit Anfang 1996 steht ein neuer Doppelhorn-Empfänger für die Wellenlänge 6cm im 100-m-Teleskop zur Verfügung, dank modernster HEMT-Transistoren der empfindlichste Empfänger, der je am MPIfR gebaut wurde. Im August 1996 konnten wir in nur 25 Stunden Beobachtungszeit die bisher beste Radiokarte der Andromeda-Galaxie fertigstellen. Dabei wurde ein Gebiet von 2.5 x 1.2 Grad am Himmel zwölfmal in jeweils rund 2 Stunden streifenweise abgetastet und im Computer zu einem Bild zusammengesetzt. Die Winkelauflösung von 3 Bogenminuten entspricht etwa 2000 Lichtjahren in M31. Alle nicht mit M31 assoziierten Radioquellen wurden abgezogen. Die Abbildung zeigt das innere Gebiet von 130' x 57' Ausdehnung.

Die Farben geben unterschiedliche Intensitäten wieder: Blau für geringe, Rot für die stärkste Radiostrahlung. Die schwächste noch nachgewiesene Strahlung entspricht einer Leistung von nur einem Millionstel Nanowatt (10 -15 Watt)! Im "Ring" von M31 gibt es viele helle Gebiete, zum größten Teil Magnetfeld-Konzentrationen, die auf Gebiete aktiver Sternentstehung hinweisen. Auch das Kerngebiet von M31 ist eine Quelle starker Radiostrahlung, vermutlich angeregt durch Explosionsvorgänge in der Nähe des Zentrums.

Die Kombination der neuen 6cm-Karte (Dissertation Philipp Hoernes) mit der alten 11cm-Karte (Dissertation Rainer Beck) erlaubt erstmals die Korrektur der Faraday- Drehung und somit die Bestimmung der Magnetfeldrichtungen in M31 (dargestellt als Striche in der Abbildung). Die Galaxie besitzt ein großräumig geordnetes Magnetfeld, das für Polarisationsgrade bis zu 50% verantwortlich ist. Die stärksten ausgerichteten Magnetfelder liegen im "Ring". Dieses Ergebnis paßt gut zu den Vorhersagen der Dynamo-Theorie. Rätselhafte "Magnetarme" zwischen optischen Spiralarmen wie in der Galaxie NGC6946 sind nicht zu erkennen, da M31 stark gegen die Himmelsebene geneigt ist und außerdem eine nur schwach ausgeprägte Spiralstruktur hat.

Nach der Dynamo-Theorie sollten die Richtungen der Magnetfeldlinien um einen konstanten Betrag vom "Ring" abweichen. Die neuen Beobachtungen zeigen jedoch, daß dieser Anstellwinkel stark entlang des Ringes variiert. Neueste Dynamo-Modelle, die die Rückwirkung der Magnetfelder auf das Gas mit einbeziehen, zeigen, daß galaktische Dynamos ein ganzes Spektrum von stehenden Magnetwellen ("Moden") anregen. Einzelne Moden können sich teilweise in Resonanz mit galaktischen Dichtewellen befinden und sich so verstärken. Damit können in einer Galaxis Magnetfeld-Muster auftreten, die nach dem klassischen Dynamo-Bild "verboten" wären. Magnetfelder scheinen die Ausbreitung von Dichtewellen und damit die Bildung von Spiralstrukturen zu beeinflussen.

Aus unseren VLA-Beobachtungen von einzelnen M31-Regionen mit noch höherer Auflösung wissen wir, daß es noch kleinere Strukturen im Magnetfeld gibt: Winde von jungen Sternen (OB-Assoziationen) und Supernova-Explosionen blasen Löcher in das lokale Gas und Magnetfeld, während in kalten Gaswolken die Feldstärke erhöht ist. Selbst der geringe Ionisationsgrad des kalten interstellaren Gases reicht aus, um Magnetfeldlinien zu verankern. Magnetfelder in Gaswolken sind bei der Sternentstehung von zentraler Bedeutung.

(Philipp Hoernes, Rainer Beck und Elly M. Berkhuijsen, Copyright MPIfR 1996)

Der Artikel ist in ähnlicher Form bereits in der Zeitschrift Sterne und Weltraum erschienen (Heft 12/96, Seite 900).

ur 3/2013

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